Deutscher Bauer wegen Schweizer in Not

Im deutschen Grenzgebiet werden zwischen Basel und dem Bodensee mittlerweile rund 5’700 Hektar Ackerland von Schweizer Bauern bewirtschaftet. Ein deutscher Bauer sieht dadurch seine Existenz bedroht. Er muss immer mehr Pachtland an seine Schweizer Kollegen abgeben.

Deutsche Bauern im grenznahen Ausland verlieren immer mehr Ackerland an ihre Schweizer Kollegen. Grund dafür ist ein fast 70 Jahre altes deutsch-schweizerisches Abkommen, das den Erwerb von Ackerland im grenznahen Ausland ermöglicht.

Schweizer Bauern eignen sich dadurch immer mehr Land ihrer deutschen Kollegen an, was diese zunehmend in ihrer Existenz bedroht, wie es in einem Bericht des «Blick» heisst. Mittlerweile sind rund 5’700 Hektar deutsches Ackerland in Schweizer Hand.

-> So kommen «Schnäppchen-Bauern» günstig zu Land

Abkommen ist fast 70 Jahre alt 

Ein deutsch-schweizerisches Abkommen aus dem Jahr 1958 ermöglicht es Bauern beider Länder in einem zehn Kilometer breiten Grenzstreifen des Nachbarlandes Ackerland zu kaufen und zu bewirtschaften. Die dort erzeugten Produkte können dann zollfrei in das jeweilige Heimatland eingeführt werden.

Für die Schweizer Bauern bringt das Abkommen viele Vorteile. Die Deutschen hingegen fühlen sich seit Jahrzehnten benachteiligt. Schweizer Bauern können in Deutschland günstig Ackerland kaufen, im Ausland billiger produzieren, die Ernte zollfrei in die Schweiz einführen und die Produkte zu höheren Schweizer Preisen verkaufen. Dieses Preisgefälle hat in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass Schweizer Landwirte immer mehr Flächen im grenznahen Ausland bewirtschaften.

Das gleiche Recht steht natürlich auch deutschen Landwirten zu. Doch für sie lohnen sich Landkauf und Bewirtschaftung wegen der höheren Kosten in der Schweiz und der tieferen Preise in Deutschland nicht. «Wenn die wirtschaftliche Situation umgekehrt wäre, würden die Deutschen genau dasselbe machen», wird Christoph Graf, Präsident des Schaffhauser Bauernverbandes, im «Blick» zitiert.

Deutscher Bauer in Not

Für Bauer Norbert Mayer aus Stühlingen (D) ist es bereits «5 nach 12», wie es im Bericht heisst. Im Herbst muss er weitere 7,5 Hektaren von seinem Land abtreten müssen, weil es sein Verpächter von einem Schweizer Bauern bewirtschaftet haben will. Mayer sieht dadurch seine Existenz bedroht. Schon jetzt müsse er die Rohstoffe für seine Biogasanlage von anderen Bauern zukaufen.

Schweizer Bauern zahlen mehr Pacht. Da können die deutschen Bauern nicht mithalten. «Für die Schweizer ist dieser Vertrag eine Gelddruckmaschine», wird Mayer im «Blick» zitiert. Für Mayer ist das ein politisches Problem. Er fordert, dass Regeln vereinbart werden, die es Schweizer Bauern unmöglich machen, weiterhin Ackerland in Deutschland zu erwerben.

Deutsche Politiker und Bauernverbände suchen zwar nach Wegen, die Situation zu ändern. Bisher konnte jedoch keine Lösung gefunden werden, da das Problem nicht nur regional, sondern auch auf Bundes- und EU-Ebene relevant ist. Für die Schweizer Bauern besteht kein Handlungsbedarf, da sie sich an ein Abkommen halten, von dem sie profitieren. Schweizer Bauern betonen auch immer wieder, dass die deutschen Eigentümer ihre Flächen freiwillig verkaufen würden. Auch Graf sagt gegenüber dem «Blick»: «Jeder Vertrag braucht immer zwei Unterschriften. Die Deutschen verkaufen uns ihr Land freiwillig.

-> Deutsche wollen Schweizer «Bauern-Invasion» stoppen

Was meinen «Schweizer Bauer»-LeserInnen dazu?

Auf schweizerbauer.ch sind zu diesem Thema einige Kommentare eingegangen. So zeigt Christoph Reutlinger Verständnis für die Anliegen der deutschen Bauern. Produkte, die in Deutschland produziert werden, dürften nicht zu Schweizer Preisen angeboten werden, meint er: «Das ist ein klarer Verkaufsvorteil, der nicht gerechtfertigt ist».

Gleich wie Christoph Graf, Präsident des Schaffhauser Bauernverbandes, sieht es auch Rüedi: «Bei jedem Stück Boden, welcher ein Schweizer übernimmt, braucht es auch einen deutschen Eigentümer, der ihn abgibt».

Livia Greenvale sieht durch das Abkommen gar jene Schweizer Bauern benachteiligt, die keinen grenznahen Betrieb bewirtschaften: «Für alteingesessene, familiengeführte Betriebe in Grenznähe mag eine zollfreie Bewirtschaftung ihrer angestammten Flächen sinnvoll sein – sie haben diese Flächen oft seit Generationen und sind betriebswirtschaftlich darauf angewiesen. Doch die pauschale 10-Kilometer-Regel, die grossflächig zollfreien Import ermöglicht, ist gegenüber anderen Bauern – sowohl in der Schweiz ausserhalb des Grenzraums als auch in Deutschland – schlicht unfair.»

Was meinen Sie zu diesem Abkommen aus dem Jahr 1958? Können Sie die Anliegen der deutschen Bauern nachvollziehen? Oder sehen Sie keinen Grund etwas daran zu ändern?

Kommentare (4)

Sortieren nach: Likes | Datum
  • Andreas.W | 07.02.2025
    Ist sowiso eine Frechheit das man dies noch Bewilligt, Schweizer Bauern bekommen günstiges Land dort und nehmen die Produkte in die Schweiz und verkaufen sie zu Schweizer Preisen. Dies sollte mal vor die Öffentlichkeit bringen und sollte verboten werden. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen, so werden die Schweizer Bauern an den Grenzen rassant grösser und drücken die Einheimischen Bauern in die enge.
  • Livia Greenvale | 05.02.2025

    Da mein Kommentar hier im Artikel zitiert wird, äussere ich mich gerne nochmals mit meiner Meinung und Einschätzung. Wer meine Kommentare verfolgt, weiss, dass ich eine klare Position vertrete: Ich setze mich für eine starke Schweizer Inlandproduktion ein, getragen von kleinen, familiengeführten Betrieben. Diese Betriebe sollen dank Grenzschutz und gezielter Direktzahlungen eine ökonomisch sinnvolle und sozialverträgliche Bewirtschaftung ermöglichen. Alles, was über etwa 12-15 Hektar Fläche oder 20-30 GVE hinausgeht, sollte abgestuft weniger staatliche Beiträge erhalten, da grössere Betriebe überproportional stark von Skalierungseffekten profitieren – sei es durch die bessere Maschinenauslastung, kosteneffiziente Technik oder optimierte Betriebsstrukturen.



    Die aktuelle Diskussion um das deutsch-schweizerische Abkommen zeigt jedoch, dass wir von einer solchen fairen Agrarpolitik noch weit entfernt sind. Seit Jahrzehnten fliessen Direktzahlungen primär nach Fläche oder GVE, wodurch vor allem grosse Betriebe bevorzugt werden, die ihre Skalenvorteile bereits effizient nutzen könnten. Diese Unterstützung ist in meinen Augen nicht mehr gerechtfertigt. Es ist nicht nachhaltig, jene zu fördern, die aufgrund ihrer Grösse ohnehin wirtschaftlich stabiler sind, während kleinere Betriebe, die den sozialen und ökologischen Wert der Landwirtschaft prägen, um ihre Existenz kämpfen müssen.



    Für alteingesessene Familienbetriebe in Grenznähe, die seit Generationen mit grenzüberschreitenden Flächen wirtschaften, mag das Abkommen noch Sinn ergeben. Hier finde ich die angestammten Flächen gerechtfertigt und sinnvoll. Doch die pauschale 10-Kilometer-Regelung für nicht angestammte Flächen, die grossflächig zollfreie Importe ermöglicht schadet der Schweizer Landwirtschaft.



    Der kritische Punkt ist dabei die zollfreie Bewirtschaftung deutscher Flächen und die anschliessende Vermarktung der Produkte unter dem Schweizer Kreuz. Während es durchaus legitim und nachvollziehbar ist, dass alteingesessene Familienbetriebe ihre angestammten grenznahen Flächen weiterhin bewirtschaften, sehe ich es als grossen Fehler an, dass diese Regelung auch auf Flächen angewendet wird, die erst nach 1958 dazugekommen sind. Das ist ein Hohn gegenüber Konsumenten, Berufskollegen in der Schweiz und in Deutschland sowie gegenüber den Label-Organisationen wie IP-Suisse oder Suisse Garantie.



    Wie soll ein glaubwürdiger Vollzug der Schweizer Qualitätsstandards möglich sein, wenn in Deutschland nach deutschem Recht produziert werden muss und die Erzeugnisse dann mit Labeln wie Suisse Garantie versehen werden? Das ist eine Täuschung aller Beteiligten. Konsumenten erwarten zu Recht, dass Produkte mit einem Schweizer Qualitätslabel auch tatsächlich unter Schweizer Bedingungen erzeugt wurden – und nicht das Schweizer Kreuz erhalten, die nur aufgrund eines 70 Jahre alten Abkommens genutzt werden und dabei völlig andere rechtliche Rahmenbedingungen haben.



    Wenn wir diesen Missstand nicht beheben, untergraben wir langfristig das Vertrauen in unsere Vermarktungssysteme und schaden sowohl der Landwirtschaft als auch den Konsumenten. Diese Flächenexpansion mag betriebswirtschaftlich für einige wenige Grossbetriebe attraktiv sein, aber sie geht auf Kosten der Berufskollegen, der Qualität und des Vertrauens.


    Wir haben jedoch die Instrumente, um diese Fehlentwicklung zu korrigieren: Mit dem Grenzschutz und den Direktzahlungen könnten wir gezielt kleinere Betriebe fördern, die nachhaltig und sozialverträglich produzieren. Anstatt weiter Flächen und GVE als Massstab für Direktzahlungen zu nehmen, müssen wir eine gezielte Agrarpolitik entwickeln, die Qualität statt Quantität belohnt. Faire Arbeitszeiten, bezahlter Urlaub und wirtschaftliche Stabilität für bäuerliche Familienbetriebe sollten dabei zentrale Leitlinien sein.



    Es ist «5 nach 12», nicht nur für die deutschen Bauern, sondern auch für viele kleine Schweizer Betriebe. Wir müssen jetzt handeln, bevor wir die Vielfalt und soziale Basis unserer Landwirtschaft verlieren. Die Zeit, grosse Betriebe durch übermässige Subventionen zu belohnen, ist vorbei. Eine gerechte und nachhaltige Agrarpolitik muss her – und zwar jetzt.



    Wir können dank der Politik die Landwirtschaft der Zukunft gestalten – eine Landwirtschaft, die im Einklang mit den natürlichen Gegebenheiten steht: angepasst an die Topografie, das Klima und die sozialen Bedingungen unseres Landes. Der Traum von einer Landwirtschaft voller Unternehmergeist klingt schön, doch die Realität zeigt ein anderes Bild. Viele und vorallem Tierintensive und Betriebe mit viel Fläche profitieren übermässig von Direktzahlungen und Grenzschutz – und genau hier sehe ich das Problem.



    In meinen Augen gibt es nur wenig echtes landwirtschaftliches Unternehmertum, denn die Urproduktion ist stark reglementiert und eingeschränkt. Wir grosse und kleine Betriebe sind alle in hohem Masse vom Staat abhängig. Wenn echtes Unternehmertum in der Landwirtschaft existieren würde, bräuchte es keine umfangreichen Direktzahlungen. Die «grossen» Betriebe, die sich gerne als effizient und unternehmerisch präsentieren, würden freiwillig auf diese staatlichen Unterstützungen verzichten. Doch das passiert nicht – weil sie, wie auch die kleineren Betriebe, wissen, dass das System ohne diese Hilfen nicht funktionieren würde.



    Deshalb müssen wir die Agrarpolitik so ausrichten, dass kleinere Betriebe gestärkt und Abhängigkeiten reduziert werden. Nur so können wir eine Landwirtschaft schaffen, die nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozialverträglich ist

  • ueli | 05.02.2025
    diese Schweizer Bauern haben klar Vorteile auch gegenüber Schweizer Berufskollegen die weiter weg von Grenze wirtschaften.
    eher unfair
  • marcandre | 04.02.2025
    Nur als ergänzende Information:
    Die deutschen Bauern dürfen im Rahmen der von der Schweiz gewährten Zollfreikontingente (WTO und bilaterale) ihre Produkte auch zollfrei in die Schweiz bringen.
    Dennoch: Wie würden wohl die Schweizer Bauern reagieren, wenn die Preise in der EU höher als in der Schweiz wären und die Deutschen Bauern sich deshalb auf die Schweizer Bauernhöfe und ihr Land stürzen würden…..?
    Abschaffen sollte man den Vertrag sicher nicht - aber ein paar Massnahmen um den Druck etwas abzulassen, würden bestimmt nicht schaden.
    Wie wäre es z.B. wenn man den Süddeutschen Bauern Landwirten zusätzlich eine gewisse Zollfreimenge zugestehen würde?
×

Schreibe einen Kommentar

Kommentar ist erforderlich!

Google Captcha ist erforderlich!

You have reached the limit for comments!

Das Wetter heute in

Lesershop

Hier gehts zum Lesershop

Umfrage

Geht Ihr an die Suisse Tier?

38.2 % Ja, ganz sicher
23.5 % Weiss noch nicht
38.2 % Nein

Teilnehmer insgesamt 34

Zur aktuellen Umfrage

Bekanntschaften

Suchen Sie Kollegen und Kolleginnen für Freizeit und Hobbies? Oder eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner?