Als es Ende Mai nach einem nassen und grauen Frühling endlich sonnig und warm wurde, hat mich die Ungeduld gepackt. Ich freute mich darauf, meinen Schreibtisch auf der Redaktion mit dem Käse-Kessi in der Sennhütte zu tauschen und den Sommer bei Renate und Hansruedi von Känel auf ihrer Alp zu verbringen.
26 Kühe, 10 Geissen und 6 Schweine
Morgenstimmung auf dem Meienberg
Bettina Kiener
Letzte Woche war es soweit. Mit 26 Holstein- und Redholstein-Kühen, 19 Jungtieren, 10 Ziegen und 6 Schweinen gings hoch auf den Meienberg auf rund 1800 m ü. M. Renate und Hansruedi gehen heuer zum 35. Mal zusammen z Alp. In all dieser Zeit hat Renate zu jedem Tag hier oben einen kurzen Tagebucheintrag geschrieben.
Sie hat sich Notizen zum Wetter, zu speziellen Arbeiten oder Ereignissen gemacht. Anfang der Woche habe ich in diesen alten Büchern geschmökert, denn bevor die Alpsaison startete, wurde ich etliche Male gefragt, ob der Alpaufzug heuer später sei als sonst wegen des verregneten Frühlings. Dem wollte ich nachgehen.
Saison beginnt immer früher
Meine kleine Recherche zum Aufzug auf die Alp Meienberg hat ergeben, dass vor 30 Jahren die Alpsaison deutlich später begann als jetzt. So ging die Familie von Känel zum Beispiel 1991 am 27. Juni z Alp und 1995 gar erst am 1. Juli. Oder 1999 war der Alpaufzug am 25. Juni. An diesen Alpsommer kann sogar ich mich erinnern. Denn als Kind verbrachte ich in all meinen Sommerferien jeweils ein paar Tage bei Renate und Hansruedi auf dem Meienberg und in besagtem Sommer hats eine Woche lang geschneit.
An einen besonders späten Start der Alpzeit erinnert sich Hansruedi gut. Er erzählt: «1980 gingen wir am 6. Juli z Alp. Und das war noch rund zwei Wochen zu früh.» In den letzten Jahren begann die Alpsaison auf dem Meienberg ungefähr Anfang Juni, im Sommer 2020 machten wir den ersten Käse sogar schon im Mai, was bis dahin noch nie vorgekommen war. Im Vergleich zu früher beginnt die Sömmerungszeit also immer früher im Jahr, in keinem Jahr ist es jedoch gleich.
Die Schweine gehen das erste Mal raus.
Bettina Kiener
Kessi platzt aus allen Nähten
Nach über einer Woche auf der Alp lagern bereits etliche Käse im Keller. Denn jeden Tag fabrizieren wir fünf Berner Alpkäse AOP sowie Ziegenkäse. Den Kühen gefällt es hier oben auf den saftigen Alpweiden gut und entsprechend geben sie auch viel Milch. So viel, dass das Käse-Kessi aus allen Nähten platzt.
In diesem Sommer will ich mehr darüber erfahren, wie früher hier oben in den Bergen gewirtschaftet wurde, als es noch keine Waschmaschine und keinen Solar-Boiler gab und die Viehhändler die 1000er-Noten noch in der Westentasche mit sich trugen. Aber lest selbst in meinen nächsten Beträgen.
Kuh Hermine am Abend beim Grasen.
Bettina Kiener
Alpblog 2022
Bettina Kiener bloggte bereits im vergangenen Sommer von ihren Erlebnissen auf der Alp. Hier könnt Ihr die Einträge nachlesen
Bettinas Alpblog
Teil 7: Sie vermiesten Bettina die Stimmung
Teil 6: Warum Bettina wie eine alte Dampflok keucht
Teil 5: Wie Ulinka den Status Lieblingskuh verlor
Teil 4: Warum die Ziegen Bettina auf Trab hielten
Teil 3: Bettina stösst auf der Alp auf zickige Käsekulturen