Die Abgeordneten stimmten am Mittwoch in Strassburg dafür, dass Bäuerinnen und Bauern bei der Erfüllung von Umweltvorschriften mehr Flexibilität zugestanden werden kann.
Bei den Plänen geht es unter anderem um Standards, die für guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Böden sorgen sollen. Grundsätzlich müssen sich Landwirte an diese halten, um von den EU-Agrargeldern zu profitieren. Dabei handelt es sich etwa um Vorgaben für Brachflächen und Fruchtfolgen, mit denen sichergestellt werden soll, dass Böden durch die landwirtschaftliche Nutzung nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen werden.
Erklärung GAP und GLÖZ
Im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2023 gibt es insgesamt neun Standards für den g uten l andwirtschaftlichen und ö kologischen Z ustand von Flächen (GLÖZ). Sie sind neben den Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) Teil der Konditionalität («Grundanforderung»). Die Einhaltung dieser «Grundanforderung» ist Grundvoraussetzung für den Bezug von Direktzahlungen und Ausgleichszulagen.
Mehr Freiwilligkeit
Bisher sind Bauern beispielsweise dazu verpflichtet, einen Teil ihrer Ackerfläche brachzulegen oder unproduktiv zu nutzen. Künftig soll dies nur noch freiwillig gemacht werden müssen. Die EU-Staaten sollen wiederum die Landwirte belohnen, die trotz der Lockerungen Land brachliegen lassen. Die Pläne sehen auch vor, dass kleine landwirtschaftliche Betriebe von Kontrollen und Sanktionen im Zusammenhang mit Umweltanforderungen ausgenommen werden können.
Schon länger machen Bauern und Bäuerinnen Druck auf die Politik – unter anderem beklagen sie zu viel Bürokratie. Zu Beginn des Jahres gingen sie in vielen EU-Ländern auf die Strasse und demonstrierten teils gewaltvoll.
Brachpflicht soll weg
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU sieht vor, dass Landwirte 4% ihrer Nutzflächen brach liegen lassen. Dadurch sollen Flächen für wild lebende Arten geschaffen werden. Mitte Februar hatte die Kommission Ausnahmen beim erforderlichen Anteil von Brachland auf Ackerflächen durchgesetzt. Die 4% bleiben weiterhin ausgesetzt. Die Kommission hatte die Regelung infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ausgesetzt, ursprünglich um die Lebensmittelversorgung in der EU abzusichern.
Die vierprozentige Pflichtbrache auf Ackerflächen will die EU nun aber komplett abschaffen. Bestehende Landschaftselemente wie Hecken und Landschaftselemente müssen erhalten bleiben.
Weniger Kontrollen
Zudem dürfen die Mitgliedstaaten den Landwirten gemäss agrarheute.com spezifische Ausnahmen beim Schutz vor Erosion (GLÖZ 5), bei der Mindestbodenbedeckung (GLÖZ 6) und bei der Fruchtfolge (GLÖZ 7) zugestehen. Dies soll vor allem dann möglich sein, wenn Anforderungen ihren Zielen zuwiderlaufen.
Anstelle der wegfallenden Kontrollbesuche sollen digitale Überwachungssysteme ausgebaut werden, um den bürokratischen Aufwand zu senken. «Durch dieses System, das auf einer automatisierten Analyse von Copernicus-Satellitenbildern beruht, sind weniger Vor-Ort-Kontrollen erforderlich, werden Landwirtinnen und Landwirte unterstützt, um weniger Fehler zu machen und somit weniger sanktioniert zu werden, und wird die Berichterstattung erleichtert», schreibt die Kommission.
Keine Strafen bei Dürren oder Überflutungen
Im Fall von extremen Wetterbedingungen wie Dürren oder Überflutungen sollen keine Strafen an die Betriebe verhängt werden, wenn sie nicht alle Anforderungen der Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) erfüllen können. Betriebe unter 10 ha sollen künftig von Kontrollen und Sanktionen der Grundanforderungen befreit werden. Das betrifft gemäss dem «Bayerischen Landwirtschaftsblatt» rund zwei Drittel der Landwirt in der EU.
Die EU-Staaten müssen noch zustimmen, das gilt aber als sehr wahrscheinlich. Die neuen Auflagen könnten bereits in diesem Jahr Anwendung finden. Das von der Kommission vorgeschlagene Vorhaben wurde in einem Eilverfahren durch das Parlament gebracht. Die meisten geplanten Änderungen an der GAP sollen 2025 in Kraft treten, einige aber auch rückwirkend zum 1. Januar 2024. Betriebe würden damit Sanktionen entgehen, wenn sie die Auflagen bislang nicht beachtet haben.
Mehr Wiesenflächen in Ackerland umwandeln
Die Kommission hat bereits im Februar vorgeschlagen , die Vorschriften für den ersten Standard (GLÖZ 1) zu ändern, der vorschreibt, dass Dauergrünlandflächen in der EU ab dem Bezugsjahr 2018 unverändert bleiben müssen. Im Rahmen dieser Anforderung könnten ehemalige Viehzüchter mit viel Grünland, die aufgrund von Marktstörungen im Fleisch- und Milchsektor auf Ackerkulturen umstellen mussten, gezwungen sein, ihr Ackerland in Dauergrünland umzuwandeln. «Diese Verpflichtung kann zu Einkommensverlusten für die betroffenen Landwirtinnen und Landwirte führen», schrieb Brüssel im Februar.
Die Betriebe sollen nach Vorstellung der EU-Kommission nun mehr Wiesenflächen in Ackerland umwandeln dürfen. Die Ausnahme soll vor allem Betrieben in der Tierhaltung zugutekommen, die wegen schlecht laufender Geschäfte ihre Bestände reduzieren mussten, schreibt die Kommission. Brüssel prüft zudem weitere Ausnahmen bei den Vorgaben für den Anbau von Pflanzen, die keinen Ertrag bringen, sondern lediglich zwischen den Anbauphasen den Boden bedecken.
Das Parlament beschloss am Dienstag, keine Einwände gegen diesen Kommissionsvorschlag zu GLÖZ 1 zu erheben.