Familie Dähler hat die Farm in Costa Rica im Jahr 2004 nach langer Suche gekauft. Sie kamen hierher, weil sie nach dem erzwungenen Ende ihrer geschäftlichen Tätigkeiten in der Elfenbeinküste und der Flucht in die Schweiz im Jahr 2000 sich ein neues Leben aufbauen mussten. Zum Glück habe damals seine Mutter in der Schweiz rasch eine Arbeit und so die mittellose Familie über Wasser halten können, erzählte Stéphane Dähler im Reisebus.
Dähler-Brüder halten zusammen
Während er selbst die Lehre als Koch im Restaurant Muggensturm in Bischofszell TG absolvierte, engagierten sich sein Vater Johann Dähler III. und sein älterer Bruder Johann Dähler IV. wieder im Ananashandel, in dem Costa Rica schon damals ein sehr wichtiges Land war. Sohn Johann und Vater Johann hatten die Idee, wieder eine Ananasfarm zu kaufen, um selbst Früchte hoher Qualität produzieren zu können, und zogen die jüngeren Söhne Michael und Stéphane mit, die später auch ins Land kamen und für die Idee Feuer fingen. Der Vater fand innerhalb seines grossen Netzwerkes auch Geldgeber, und im Jahr 2004 kauften sie diese Farm zu viert. Sie heisst «Hacienda Roswitha».
Heute, nach dem Tod des Vaters im Jahr 2023, sind sie zu dritt in der Firma, die eigentlich eine Holding mit verschiedenen Tochterfirmen ist, darunter die Farm in Costa Rica und das Reisebüro Swiss Tropical Tours. Johann Dähler ist der operative Chef auf der Farm, Michael Dähler ist der Finanzchef und zuständig für die Wasserbüffel auf der Farm, Stéphane Dähler leitet das Reisebüro. Die drei machen es so, dass sie sich den gleichen Lohn ausbezahlen.
500 Hektaren Ananas
Sie haben auch nebeneinander und miteinander in San José drei Häuser für ihre Familien gebaut und fahren dieselbe Automarke und -typ. Das enge Verhältnis unter den Brüdern, das aus den gemeinsamen Erfahrungen in der Elfenbeinküste und nachher in der Schweiz entstanden ist, ist zentral für ihre geschäftliche Tätigkeit. Bei der Farm in der Elfenbeinküste (mit Ananas, Kautschuk, Kakao), die sie einst verlassen mussten und im Jahr 2012 zurückkauften, ist auch ihre Schwester Andrea Dähler an Bord, die zusammen mit ihrem Mann dort lebt und ebenfalls Unternehmerin ist.
Wir trafen unter der Führung von Reiseleiter Stéphane Dähler mit dem Bus von San José herkommend auf der Farm ein, die in der Sarapiquí-Region liegt. Die Gruppe des Schreibenden hatte die besondere Ehre, von Farmchef Johann Dähler persönlich eine mehrstündige Führung zu erhalten. Die andere Hälfte unserer Reisegruppe war in den Händen von Bruder Stéphane, der ebenfalls ein Ananaskenner ist. Auf einem speziellen Wagen fuhren wir raus ins Ananasmeer: So weit das Auge reichte, sah man Ananas. 500 Hektaren Ananas kultiviert die Familie Dähler dort (die Farm ist total 780 Hektaren gross).
Grosse Nachfrage an Weihnachten
Damit gehören sie zu den zehn grössten Ananasproduzenten in Costa Rica, aber die Giganten wie Chiquita und Del Monte sind viel grösser. Johann Dähler erklärte: «Pro Woche verkaufen wir ab unserer Packstation im Jahresschnitt 300 Tonnen Ananas. Weil aber Ananas in der Weihnachtszeit in unseren Exportmärkten (vorwiegend Nordamerika und Europa) sehr gefragt sind, sind es diese Woche [es war der Freitag, 6. Dezember, Anm. d. Red.] 900 bis 1000 Tonnen. Dafür verkaufen wir nächste Woche keine mehr. Da geht die Nachfrage ohnehin sehr stark zurück, weil die Früchte dann aufgrund der knapp zweiwöchigen Schifffahrt erst nach den Weihnachtsagen in Europa einträfen.»
Die grossen in den Karton, die kleinen für den Saft
Auf der Packstation konnten wir sehen, wie fleissig dort gearbeitet wird. Die zu reifen oder zu kleinen Früchte werden aussortiert, sie gehen in eine Saftfabrik. Das gibt Direktsaft, also Premiumsaft. Die Fabrik beliefert unter anderem die Migros, erhältlich ist der Ananassaft dort unter der Marke «Anna’s Best». Der günstigere Ananassaft stammt aus Konzentrat aus Ostasien, wo von Konservenfrüchten nur die Rüstresten und die Rinde gepresst werden.
Die Früchte für die Saftfabrik sind aber kein gutes Geschäft. Die Familie ist darauf angewiesen, einen Grossteil der Früchte als Frischfrüchte den Grosshändlern zu verkaufen. Diese haben aber strenge Qualitätsanforderungen, erst recht bei einer Marktlage mit gedämpfter Nachfrage. Dähler sagte: «Es wird uns leider nicht gesagt, liefert eine Ananas, die so fein ist, dass unsere Kunden gleich die nächste kaufen. Sondern es heisst, die Krone sei zu kurz oder die Früchte zu klein oder es habe Fruchtzuckeransammlungen undundund.»
In den USA will man grosse Ananas
Da in Nordamerika und in Südeuropa die grösseren Früchte gefragt sind als in der Schweiz oder in Nordeuropa, gehen mehr Dähler-Ananas in die ersteren Märkte. Dies geschieht aus Rücksicht auf die Rentabilität: Bei grossen Ananas lassen sich pro Hektare mehr Kilogramm Früchte verkaufen. Wichtig: Für eine optimale Qualität müssen die Ananas sechs Stunden nach der Ernte verladen sein und in eine Umgebung von 8 Grad gelangen. So bleibt ihr Reifegrad konstant.
Ananas werden also reif geerntet. Die Gruppe sah, wie die Ananas in die Kartons gefüllt werden. Diese sollen 12 Kilogramm Frucht fassen. Wenn 6 Platz haben, spricht man von Kaliber 6. Diese Ananas wiegen also 2 Kilogramm. In der Schweiz dominieren Kaliber von 7 und 8, das heisst, die Ananas sind 1.5 bis 1.7 Kilogramm schwer.
Es ist klar, wann welches Feld geerntet wird
Am Wendepunkt unserer Fahrt durchs Ananasmeer mit jeweils 70’000 Pflanzen pro Hektare, also gesamthaft etwa 70’000x500=35 Millionen Ananas, sahen wir eine elfköpfige Ernte-Equipe am Arbeiten. Bei der Ernte müssen die Früchte aufs Förderband und ins Erntebehältnis gelegt und nicht geworfen werden. Sonst gibt es Druckstellen.
Die Equipen arbeiten von 6 Uhr in der Früh bis 14 Uhr. Die Detailhändler schreiben vor, dass sie nicht länger arbeiten dürfen, die Arbeiter wären durchaus motiviert. Johann Dähler erklärte, wie durchgetaktet die Ananaskultivierung ist: «Das ist fast wie Mathematik. Wir wissen genau, in welcher Woche wir ein bestimmtes Feld ernten werden. Das fasziniert mich an der Ananaskultur.»
Ananas ist eine intensive Kultur
Johann Dähler verhehlte nicht, dass die Ananas eine intensive Kultur ist. Ohne verschiedene Dünger und ohne verschiedene Pflanzenschutzmittel könnten niemals so perfekte Früchte hergestellt werden, wie sie die anspruchsvollen (oder: verwöhnten?) Kunden verlangen. Damit alle Früchte einer Parzelle gleichzeitig reif sind, wird die Bestäubung künstlich ausgelöst, ebenso die Bildung der gelben Farbe der Rinde.
Stéphane Dähler hatte schon zuvor im Bus erklärt: «Ja, die Ananas wird üblicherweise in Monokultur gehalten, und zwar über Jahrzehnte am selben Ort. Sie bringt einen konstanten Ertrag, weil sie eine Bromelie ist. Sie nutzt den Boden nur als Substanz zum Sichfesthalten, nicht für die Ernährung. Die Ernährung geben wir ihr.» Es gab weitere Einsichten ins schwierige Tagesgeschäft oder Hintergründe zum Bio-Anbau (Dählers arbeiten konventionell).
Familie Dähler hat ein neues Projekt
Nach einer Stärkung mit frisch gepresstem Ananassaft (herrlich!) führte uns Johann Dähler auf das angrenzende Areal, wo eine grosse Halle mit Anfuhr- und Verladestation steht. Sie ist das grosse Zukunftsprojekt des Brüdertrios. Mittelfristig wollen sie von der Frischananasproduktion, einem riskanten Geschäft mit grossen Abhängigkeiten, weg hin zur Verarbeitung und Veredlung ihrer eigenen Ananas noch vor Ort. Unter einer eigenen Marke wollen sie diese in unterschiedlicher Form verkaufen.
Die Halle wäre vielleicht nicht mehr leer, wenn nicht im Jahr 2023 die Düngerpreise explodiert wären. Um konsequent durchzudüngen, was sich jetzt auch in Form guter Qualität ausbezahlt, waren hohe Mehrausgaben nötig, die sonst in den Kauf von Maschinen und Anlagen hätten fliessen können. Es kam die Frage auf, woher sie den Mut nähmen für solch hohe Investitionen. Die Antwort von Stéphane Dähler: «Wir haben aus unserem früheren Leben in der Elfenbeinküste einmal alles verloren, das prägt.» Das hat ihnen offenbar die Angst genommen, die gewisse Sicherheitsbedürftige von einer unternehmerischen Tätigkeit abhält oder sie dabei behindert. Trotzdem tun sie selbstverständlich alles, damit sie als Familienunternehmen nicht in eine prekäre Lage kommen. Entsprechend gehen sie Schritt für Schritt vor und treffen vorbeugende Massnahmen.
Auch Maniok, Zitronen und Wasserbüffel
Dann gab es Zmittag auf der Nachbarsfarm, die sie vor drei Jahren dazugekauft haben. Sie heisst «Finca Agua» und umfasst rund 100 Hektaren. Als sie sie kauften, standen viele Palmherzpalmen drauf. Dann pflanzten sie zwei Jahre lang Yuca (Maniok), von dem wir Zmittag assen und zu dem wir vor dem Essen eine Einführung bekamen. Inzwischen setzten sie auf einem grossen Teil der Fläche Zitronenbäume und Ananas. Die Ananasfelder erlitten bei den Überschwemmungen zweieinhalb Tage vor unserem Besuch leider schwere Schäden.
Dann fuhren wir einige Kilometer zurück zur Hauptfarm, deren feuchtester Teil mit rund 360 Wasserbüffeln genutzt wird. Diese legen Suhlstellen an, so gibt es Gräben, die entwässernd wirken – anlegen dürfte man solche Gräben von Hand nicht. Die Tiere verbringen 90% ihrer Zeit auf der Weide. Im Stallunterstand gibt es geschredderte Ananasblätter. Viele in unserer Gruppe bestellten am Abend im Hotel Bambù in Puerto Viejo bei Sarapiquí den Hamburger aus Wasserbüffelfleisch der Familie Dähler. Das ist ein gutes Beispiel für das sich gegenseitig befruchtende Wirken der Familie in den Bereichen Landwirtschaft und Tourismus.
Vom 27. Oktober bis zum 11. November 2025 führt der «Schweizer Bauer» zusammen mit dem Reisebüro Geriberz und mit Stéphane Dähler erneut eine Leserreise nach Costa Rica durch. Sie wird anders als die Laufende sein. Der Besuch der Dähler-Farm bleibt aber ein Höhepunkt. Dann geht die Fahrt weiter ins nördliche Nachbarland Nicaragua, das im Zentrum der Reise stehen wird. Ein ganz besonderes Land, in dem noch nicht viele Touristen gewesen sind! Infos und Anmeldung unter: [email protected] (Bruno Gerber).
Lesen Sie hier die zwei anderen bereits erschienenen Berichte über diese Leserreise:
Der Schweizer Bauer: Wie sich ein Bündner als Kaffeebauer in Costa-Rica etablierte
Der Schweizer Bauer: Sie käst in Costa Rica nach Schweizer Rezept
Der Wald und der Regen
Die Familie Dähler hat zusammen mit der Ananasfarm auch 280 Hektaren Regenwald gekauft. Dieser Wald wird nicht genutzt. «Wir waren noch nie in unserem Wald. Der gehört der Natur. Das Gesetz gibt das vor», sagt Stéphane Dähler. Er sieht den Wald in einem grösseren Zusammenhang. Dass nahe der Farm in einem Nationalpark umfangreichen Waldungen sind, die absolut geschützt sind, war damals ein Argument für den Kauf genau dieser Farm. «Ohne Wald kein Regen. Ohne Regen keine Kultur. Ohne Kultur kein Verdienst.» Dähler hat in der Elfenbeinküste, wie starke Abholzung das Ausbleiben des Regens gefördert und musste zuschauen, wie wegen monatelanger Trockenheit Hunderte Hektaren Ananasfelder vertrockneten. Das hat seinen Blick auf den Regen geprägt. Darum jammert er nie, wenn es feuchte Tage gibt. Auch jetzt, wo die Starkregen und die nachfolgenden Überschwemmungen – die schlimmsten der letzten Jahrzehnte in dieser Gegend – jammert er nicht über den Regen. Zwar hat seine Familie vielleicht die finanziellen Früchte der Arbeit des ganzen Jahres verloren (genau wird das man erst im Laufe des nächsten Jahres wissen, vieles hängt auch vom Wetter der kommenden Wochen ab), aber Dähler weiss: Ohne Regen hätte man in den letzten knapp 20 Jahren dort gar nichts ernten können. Die Felder sind übrigens nicht eingezäunt, aus dem Farmwald können Affen von den Feldern Ananas stibitzen. Dähler sagt dazu: «Wegen der strengen, manchmal unsinnigen Anforderungen der Händler können wir tonnenweise Ananas nur der Saftverwertung zuführen oder können sie gar nicht ernten. Da fallen ein paar Ananas, welche die Affen fressen, nicht ins Gewicht.» Costa Rica wird übrigens wegen seiner grossen Wälder, die sie gut geschützt haben, keine grosse Mühe haben, die Klimaneutralität (netto-null) zu erreichen. 2030 soll es so weit sein. Die Stromproduktion ist schon heute erneuerbar (Wasserkraft, Geothermie, Windkraft). sal
Würde man in der Schweiz so wirtschaften, käme man in den Knast.
In diesem unausgewogenen Artikel wird auf diese Thematik überhaupt nicht eingegangen.
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