Werner Schüttel bauert seit 1991 in Le Cerneux-Péquignot NE. Am 20. Mai 2022 wurde sein Hof versteigert. Dem «Schweizer Bauer» erzählte ihm seine Geschichte. Lesen Sie im dritten Teil der Serie, warum ein Deponieprojekt seinen Hof zusätzlich interessant gemacht haben könnte und wie am 24. Juni 2022 ein Bauernlehrling unter Kokaineinfluss bei ihm einbrach.
Werner Schüttel vermutet, dass sein Hof Le Creux auch im Zusammenhang mit einem Deponieprojekt interessant ist. Ursprünglich habe vielleicht auf Le Creux selbst eine Deponie errichtet werden sollen, sagt er, und zwar eventuell für den Bauschutt, der durch die Tunnelumfahrung in Le Locle anfallen wird.
Schüttel weiss von einem ihm bekannten Landwirt in Le Locle, dass sich der Staat schon vor Jahren Land gesichert hat, wo eines der Tunnelenden zu liegen kommen soll. Das heisst, dass der Staat (und allenfalls beteiligte Baufirmen) schon lange wussten, dass es viel Bauschutt geben wird und dass es für diesen viel Platz brauchen wird. Schüttels Hof liegt in einer natürlichen Senke, in welcher man Abertausende von Kubikmeter Material deponieren könnte (siehe Karte).
Printscreen Schweizmobil/Swisstopo
100 Millionen Deponiegebühren?
Schüttel präsentiert eine Überschlagsrechnung, wonach man dort bis zu 100 Millionen Franken Entschädigungsgelder für die Deponierung von Material bekommen könnte. Ein Mann mit Kenntnissen in diesen Bereichen hat gegenüber dem «Schweizer Bauer» eine Zahl in ähnlicher Grössenordnung genannt. Natürlich musste dafür erst einmal eine Machbarkeitsstudie erstellt worden, und es bräuchte die entsprechenden Verträge und Bewilligungen der Behörden. Es ist aber gut möglich, dass der Hof wirklich zur Schuttgoldgrube werden könnte und darum doppelt interessant sein könnte.
Nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch oder vor allem zur vollständigen oder zur teilweisen Nutzung als Deponie. Genährt wird diese Theorie Schüttels dadurch, dass ein Hofinteressent und früherer Gläubiger von ihm, ein Landwirt aus der Zentralschweiz, Verbindungen in die Bauwirtschaft hat. Dieser verneint aber auf Anfrage des «Schweizer Bauer» eine Verbindung zur Firma Orlatti. Er sagt, er habe den Hinweis auf die im Jahr 2016 anstehende (damals abgesagte) Versteigerung des Hofes von Werner Schüttel von einer ihm bekannten Person aus der Deutschschweiz erhalten.
Nachbarbauern haben Deponie-Dienstbarkeiten
Die Unternehmen Orlatti Environnements (VD) SA und Orlatti Granulats & Béton SA sind es, die sich bei den Nachbargrundstücken von Werner Schüttel mit Dienstbarkeiten (Servituten) das Recht gesichert haben für die «Bereitstellung von Flächen, um den Betrieb einer Deponie zu ermöglichen» beziehungsweise das «Recht zur Gewinnung und zum Abbau von Sand, Kies und Steinen, Ablagerungen von Füllmaterial (Aufschüttungen)».
Die Deponie betrifft Kulturland, der Steinbruch einen Wald, der südlich an das betroffene Kulturland angrenzt. Es geht dabei um die Grundstücke Nr. 923, 1007, 1013, 1014 (Deponie) und um die Grundstücke Nr. 386, 878 (Steinbruch), wie der öffentlich einsehbare Katasterplan zeigt.
Daniel Salzmann
AG mit lokalem Landwirt und Bau-Verwaltungsrat
Ein besonderer Fall sind die Grundstücke Nr. 1008 und 1010. Laut Schüttel gehörten sie bis vor Kurzem einer Frau aus einer Bauernfamilie, jetzt ist im Grundbuch die Grandes Planches SA als Eigentümerin eingetragen. Schüttel sagt, es könnte interessant sein, die Umstände des Verkaufs im Detail zu untersuchen, laut ihm lebt die rund 60jährige Verkäuferin der zwei Grundstücke mittlerweile in einem Heim. Es gilt selbstverständlich für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung. Die genannte AG wurde am 20. September 2019 ins Handelsregister eingetragen und hat laut diesem zwei Zeichnungsberechtigte und Verwaltungsräte: einen lokalen Bauern und einen Manager, der bei der Orlatti Environnement (FR) SA Verwaltungsratspräsident ist.
Als Firmenzweck der Grandes Planches SA ist definiert: «Alle landwirtschaftlichen Arbeiten, der Kauf, Verkauf und die Nutzung von Immobilien und landwirtschaftlichen Unternehmen, aber auch die Nutzung von Gemüseanbaubetrieben.» Sollte die Deponie ganz in der Nähe von Werner Schüttel, auf den Nachbargrundstücken, realisiert werden, bräuchten die betroffenen Landwirte Realersatz. Der Hof Le Creux, der bis zur Versteigerung am 20. Mai 2022 auf ihn lautete, könnte auch dafür interessant sein. Mit dem Überlassen von Realersatzland könnte vielleicht ein zusätzlicher Ertrag erwirtschaftet werden, mutmasst Schüttel.
Widerstand gegen die grosse Deponie
Mittlerweile ist aber unsicher geworden, ob die Deponie realisiert wird. Ein lokales Komitee hat über 800 Unterschriften dagegen zusammengetragen. Die Argumente lauten: Zerstörung von Kulturland, Umweltrisiken für benachbarte Böden und das Grundwasser. Tausende Lastwagenfahrten, die den Schutt hertransportieren. Ein Deutschschweizer Landwirt, der Grundstücke westlich der geplanten Deponie besitzt (Schüttels Grundstücke sind östlich), ist an verschiedene Medien gelangt. Verschiedene Medien haben berichtet. Schüttel weiss, dass das Westschweizer Fernsehen RTS bald wieder ins Dorf kommt, um einen Bericht zu drehen. Der Gemeinderat von Le Cerneux-Péquignot steht unter grossem politischen Druck, sich gegen die Deponie zu wehren.
Der Neuenburger Regierungsrat Laurent Favre – Ingenieur-Agronom FH, FDP-Mitglied, ehemaliger Nationalrat sowie früherer Direktor des Neuenburger Bauernverbandes – hat das Deponie-Projekt in Le Cerneux-Péquignot Anfang September als «überdimensioniert» bezeichnet. Man darf gespannt sein, ob und wie sich das Deponie-Projekt in den nächsten Monaten und Jahren entwickeln wird. Der «Schweizer Bauer» hat gehört, dass es vielleicht einfacher ist, den Bauschutt aus Le Locle nach Frankreich zu führen. Dorthin kostet zwar der Transport etwas mehr, dafür sind die Deponierungsgebühren niedriger. «Aus den Augen, aus dem Sinn» könnte es aus Schweizer Sicht einmal mehr heissen.
Daniel Salzmann
Einbruch eines Bauernlehrlings
Nach erfolgter Versteigerung des Hofes Le Creux am 20. Mai 2022 (wir kommen dazu) wurde im Dorf Le Cerneux-Péquignot im bäuerlichen Milieu herumerzählt, dass bei Werner Schüttel am 20. Juli die Zwangsräumung über die Bühne gehen würde. Doch an dem Tag geschah nichts. Dafür vorher, am 29. Juni um 1.30 Uhr, eine unerhörte Sache. Der Lehrling eines Landwirts aus der Gemeinde sei unter Kokain- und Alkoholeinfluss ins Haus eingebrochen, berichtet Schüttel.
Er brach mehrere Türen auf, es gab einen Höllenkrach. Schüttel musste seinen Hund zurückhalten. Da stand der junge Mann in der Küche. Schüttel befahl ihm, da zu bleiben, und übergab ihn der Polizei. Den Kokainkonsum habe der Lehrling noch auf der Stelle gegenüber Schüttel zugegeben. Der Alkoholkonsum sei ziemlich offensichtlich gewesen. Im Auto, mit dem der Lehrling auf den Hof gefahren sei, habe eine angebrochene Flasche Alkohol gelegen. Er habe das gesehen, sagt Schüttel.
Fünf Tage später war eine Kuh tot
Schüttel vermutet, dass es eine irgendeine Auftraggeberschaft gab, die hoffte, dass er, Schüttel, sich gegenüber dem Lehrling zu einer Gewalttat provozieren lasse. Derselbe oder Mittäter hätten sehr wahrscheinlich auch eine Kuh vergiftet. Nur zwei Kühe seien in seinem Stall gewesen, die anderen seien draussen auf der Weide gewesen. Fünf Tage später sei eine der beiden nach drei Tierarztbesuchen abgegangen.
Schüttel berichtet, dass man die Kuh noch zweimal künstlich ernährt habe und alles Mögliche versucht habe. Vergeblich. Alleine die drei Tierarztbesuche und die Medikamente für diese Kuh hätten ihn rund 600 Franken gekostet, so Schüttel. Das Auto sei von den Zollbehörden beschlagnahmt und gründlich untersucht worden.
Schwule Familienväter?
Weil bei ihm schon so viel passiert sei, habe die Polizei noch nachts alle Maschinen, den Heuboden und die Tiere kontrolliert. Da waren noch alle Kühe wohlauf. Schüttels Angestellte bestätigt den Einbruch. Ebenso eine Person, die mit dem betroffenen Lehrmeister aus dem Dorf gesprochen hat. Der Lehrling hat laut Schüttel und seiner Angestellten in derselben Nacht zu den beiden gesagt, zwei Landwirte und Familienväter in der Region hätten Sex miteinander («X baise Y»).
Schüttel sieht darin ein Indiz für seine Vermutung, dass mehrere in seinen Fall Involvierte in ein Netz von Homosexuellen und/oder Personen mit Kontakt zu Drogen eingebunden seien. Belegt ist das nicht. Den Lehrling hat die Angestellte seither noch ein einziges Mal gesehen. Schüttel hat ihn nicht mehr gesehen, sein Aufenthaltsort ist den beiden nicht bekannt. Die Neuenburger Kantonspolizei bestätigt übrigens den Einsatz am 29. Juni 2022 auf Anfrage des «Schweizer Bauer»: «Die Neuenburger Polizei ist tatsächlich wegen einer Person eingeschritten, die sich unberechtigt Zutritt zum Haus von Herrn Schüttel verschafft hatte. Die Personen kannten sich und es handelte sich um eine Streitigkeit zwischen Landwirten.»
Am Telefon bedroht
Auch in jüngster Zeit sieht sich Schüttel bedroht. Am 24. Oktober abends zwischen 17.00 Uhr und 17.30 Uhr habe ihn jemand auf der Kantonsstrasse nahe von Le Creux mit vollgeladenem Lastwagen überfahren wollen. Der jüngste Vorfall: Am Mittwochabend vor einer Woche um 18.49 Uhr bekam Schüttel einen Anruf auf sein Mobiltelefon, mit unterdrückter Nummer, den er als Morddrohung verstand. «Di sött me abelah!», wurde ihm gesagt.
Serie
Lernen Sie in den nächsten zwei Folgen auch die Perspektive des Ersteigerers kennen, der am 20. Mai 2022 den Hof Le Creux als fast 79-jähriger «Nichtlandwirt» (Selbstbezeichnung) ersteigert hat.
Bisher publiziert worden sind:
Teil 1: Sabotage, Kuhabgänge und Fast-Brände
Teil 2: Der Überfall vom 27. November 2014 und der Rauswurf aus der Käsereigenossenschaft
In den nächsten Tagen erscheinen:
Teil 4: Wie sich mehrere Interessenten um Schüttels Hof rissen
Teil 5: Warum bei der Versteigerung ein Nichtlandwirt den Zuschlag erhielt
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