Die Schweiz will klimaneutral werden und aus der Atomenergie aussteigen. Das seien ehrgeizige Ziele, wie die Universität Bern in einer Medienmitteilung verlauten lässt. Dennoch seien sie realistisch, Voraussetzung sei eine tiefgreifende und rasche Umgestaltung der Stromversorgung.
Sechs Mal mehr Ökostrom bis in 10 Jahren
Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie des S weet-Edge-Konsortiums , bei dem neben den Universitäten Bern und Genf auch das EPFL in Lausanne und die ETH Zürich beteiligt waren. Die Studie hat drei Strategien entwickelt, um den Strombedarf auf ökologische Weise zu decken und dabei mehrere tausend Arbeitsplätze im Bereich erneuerbarer Energien zu schaffen.
Bei allen drei Strategien sollen Photovoltaikanlagen den grössten Teil des grünen Stroms produzieren. Gerechnet wird mit einem Investitionsbedarf von bis zu 20 Milliarden Franken.
Das vom Schweizer Parlament am 29. September 2023 bereinigte Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, kurz Mantelerlass , soll den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen. Bis zum Jahr 2035 sollen dadurch jährlich 35 Terawattstunden (TWh) aus grünen Technologien (Sonne, Wind, Holz und Biogas) gewinnen werden. Im Jahr 2022 waren es erst rund 6 TWh.
Ohne Kernenergie
Das neue Ziel entspräche etwa der Hälfte des für 2035 zu erwartenden Strombedarfs der Schweiz. Die andere Hälfte würde durch Wasserkraft und Importe gedeckt werden. Die Schweiz würde dabei ohne Kernenergie und fossile Grosskraftwerke mit Strom versorgt werden. Zum Vergleich: das Kernkraftwerk Leibstadt, das jüngste und leistungsstärkste Kernkraftwerk der Schweiz, produziert im Vollbetrieb jährlich rund 9,7 TWh.
Dieses Konsortium, also diese Projektgruppe, hat nun verschiedene Möglichkeiten analysiert, wie dieses Ziel erreicht werden kann, wie also bis 2035 jährlich 35 TWh grüner Strom produziert werden kann. Es hat dazu 3 Strategien erarbeitet. Auch die technischen, regionalen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Strategien seien sorgfältig analysiert worden, heisst es in der Mitteilung der Universität Bern weiter.
1. Strategie: Fokus auf Vielfalt
Die erste Strategie kombiniert neue Technologien, um Vielfalt und Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Um das Ziel von 35 TWh/Jahr zu erreichen, impliziert sie einen Mix zum Beispiel aus 25 TWh/Jahr aus Photovoltaik, 8 TWh/Jahr aus Biomasse und Abfall und 2 TWh/Jahr aus Wind.
«Diese Strategie beinhaltet diskrete Solaranlagen an Fassaden und auf Dächern und würde von der Bevölkerung gut angenommen werden. Für das Ziel von 35 TWh sind Solaranlagen bereits im ganzen Land zu finden. Nur im sonnigen Tessin und Wallis wären sie noch weiter verbreitet», erklärt Evelina Trutnevyte, Ko-Koordinatorin von Sweet Edge und Professorin für erneuerbare Energiesysteme an der Universität Genf. Zudem würden Windparks benötigt.
2. Strategie: Fokus auf Photovoltaik-Solaranlagen mit Batterien
Diese Strategie setzt auf Photovoltaikanlagen mit Speicherbatterien für den Eigenverbrauch auf privaten Dächern. Sie erfordert ein aktiveres Engagement der Bürgerinnen und Bürger, hat aber den Vorteil, dass bestimmte weniger akzeptierte Technologien vermieden würden.
Beim 35 TWh-Ziel sollte die Solarenergie 31 TWh/Jahr liefern, ergänzt durch 4 TWh/Jahr aus bestehenden Biomasse- und Abfallverbrennungsanlagen. «Es würden Photovoltaikanlagen in den Kantonen Bern, Zürich und der Zentralschweiz errichtet, wo die Dichte an geeigneten Gebäuden hoch ist und wir aktuell von einer unterstützenden Förderpolitik ausgehen. Graubünden und Wallis müssten viel mehr Anlagen bauen, auch auf Freiflächen», erklärt Giovanni Sansavini, Professor für Reliability and Risk Engineering an der ETH Zürich.
Diese Bildmontage zeigt, dass eine Koexistenz von Tradition und Innovation möglich sein könnte.
zvg
3. Strategie: Fokus auf Produktivität
Diese Strategie konzentriert sich auf die Optimierung der Produktion von Windkraft- und Photovoltaik-Infrastrukturen, einschliesslich Photovoltaik auf Dächern und Freiflächen. Sie bietet den Vorteil, dass sich die Anlagen auf die produktivsten Standorte konzentrieren und Investitionen in Biomasse- und Abfallbehandlungsanlagen vermieden würden.
Um 35 TWh/Jahr zu erreichen, erfordert diese Option einen Mix aus 30 TWh/Jahr Photovoltaik und 5 TWh/Jahr Windenergie. «Hier würde sich der grösste Teil der photovoltaischen Solarenergie auf Alpengemeinden konzentrieren, insbesondere in Graubünden und im Wallis», erklärt Michael Lehning, KoKoordinator von Sweet Edge und Professor an der EPFL. «Diese Option würde den Winterimport am effizientesten begrenzen.»
Jobs für bis zu 57’000 Personen
Der Investitionsbedarf liege von heute bis 2035 zwischen 0,5 und 2,1 Milliarden Franken pro Jahr je nach Strategie und Ziel, heisst es in der Medienmitteilung weiter. Die dritte Strategie «Produktivität» wäre die günstigste (1,4 Milliarden Franken pro Jahr), da sie den Bau der wenigsten Anlagen erfordert.
Die erste Strategie («Vielfalt») wäre beim 35 TWh-Ziel die teuerste (1,7 Milliarden CHF), bei den weniger ehrgeizigen Zielen (17 und 25 TWh/Jahr) aber die zweitgünstigste. Da die Photovoltaik bei allen Strategien als Energiequelle vorherrscht, würde sie mindestens 80% der Kosten absorbieren.
Je nach Strategie und Ziel könnte der Aufbau der benötigten Erzeugungskapazitäten bis 2035 jährlich zwischen 18’000 und 57’000 Personen in Vollzeit beschäftigen. Dabei könnten 33% der Arbeitsplätze auf die Herstellung, 62% auf Bau und Installation, 4% auf Betrieb und Wartung und 1% auf die Erneuerung der Anlagen entfallen. Die Photovoltaik mit Batterien würde die meisten Arbeitsplätze schaffen; beim 35 TWh-Ziel wären es 50'000 in Vollzeit.
❗️📄Lisez l'intégralité du document sur les perspectives des énergies renouvelables pour la Suisse ici : https://t.co/jrPw7AVgHf. Lisez et partagez ! https://t.co/39P5dke3Iu
— SWEET EDGE (@SWEETEDGE_CH) January 10, 2024
Vollständige Unabhängigkeit möglich
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine und der damals anfallenden Strommangellage in Europa, wurde auch in der Schweiz eine grössere Unabhängigkeit bei der Stromversorgung gefordert. Wie die Abstimmungen, vor allem in den Bergkantonen gezeigt haben, kommt es aber bei der Erstellung von grösseren Photovoltaikanlagen oder Windparks immer wieder zu unterschiedlichen Meinungen in der Bevölkerung (der «Schweizer Bauer» hat über die Kritiker berichtet: Berner Oberland , Wallis . Aber auch über die Befürworter: Adelboden , Davos ).
Die Studie zeige jedenfalls, dass die vier Stromerzeugungsziele technisch ohne Kernenergie und fossile Grosskraftwerke erreichbar seien, so das Fazit der Medienmitteilung. Je höher das Ziel, desto weniger Strom müsse die Schweiz importieren. Beim Ziel 35 TWh/Jahr könne die Schweiz eine Stromversorgung sicherstellen, die fast vollständig auf inländischer Produktion erneuerbarer Energien beruht. Dennoch bleibe die Nettostromimporte ein wichtiges Instrument zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage.
Wer ist Sweet Edge?
Sweet (Swiss Energy research for the Energy Transition) ist ein Förderprogramm des Bundesamts für Energie (BFE). Das Ziel von Sweet ist, Innovationen zu beschleunigen, die für die Umsetzung der Schweizer Energiestrategie 2050 und das Erreichen der Klimaziele entscheidend sind. Anfang 2021 gestartet läuft das Förderprogramm bis 2032.
Sweet Edge ist ein Konsortium, das vom «Sweet»-Programm des Bundesamts für Energie gefördert und von Gruppen der Universität Genf und der EPFL koordiniert wird. Das Sweet Edge-Programm zielt darauf ab, den Einsatz von erneuerbaren Energien lokal und dezentral in der Schweiz zu beschleunigen. Das Projekt soll sicherstellen, dass bis 2035 und 2050, wenn erneuerbare Energien einen ambitionierten Anteil erreicht haben, das Schweizer Energiesystem optimal ausgelegt und betrieben, sowie technisch und wirtschaftlich sicher und auf den europäischen Märkten positioniert ist.
Solar und Batterie ist teuer und Batterien sind aus Umweltschutzgründen abzulehnen.
Wenn wir vorallem auf Solar setzen, gehts uns wie den Deutschen:
Bei Sommersonne bezahlen, damit das Ausland den Überschussstrom abnimmt!
Im Winter den Strom sauteuer kaufen, weil Solar nichts bringt!
Zudem Gefahr von Stromabschaltungen.
Wollen wir das?