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Was eine Älplerin auf die Palme bringt

 

Bettina Kiener (31) ist Landwirtin, Agronomin FH und Redaktorin beim «Schweizer Bauer». Sie verbringt den Sommer auf der Alp Meienberg in Zweisimmen BE und hilft dort im Stall, beim Käsen und bei allem, was es sonst zu tun gibt. Wie bereits letztes Jahr berichtet sie rund alle zwei Wochen, was sie erlebt.

 

Auf vielen Alpen, auf denen Käse produziert wird, werden Schweine zur Verwertung der Schotte gehalten. Hier auf dem Meienberg mästen wir mit der Molke sechs Schweine. Zum Ende der Alpzeit werden sie geschlachtet.

 

Früher waren Schweine frei

 

Jeden Morgen und jeden Abend lassen wir die Tiere für einige Zeit raus: Dann wühlen sie in der Erde und rennen umher. Damit unsere Schweine nicht über alle Berge verschwinden, haben wir ihre Weide eingezäunt. Das war nicht immer so. Früher liessen die Älpler die Schweine hier oben meist frei herumlaufen.

 

Kürzlich hatten wir abends Besuch von der Nachbaralp. Es waren unterhaltsame Stunden, da die anwesenden Alphirtinnen Anekdoten aus ihrem Leben in den Bergen erzählten. So berichtete ein Senn von ein paar Schweinen, die einst eine Nacht lang um seine Hütte gestreunt seien. Die Tiere hätten dabei einen solchen Radau veranstaltet, dass er kein Auge zugetan habe, sagte er.

 

 

Vermisste Schweine

 

Am frühen Morgen habe er darum die Schweine mit grosser Mühe die Strasse raufgetrieben und über den Weiderost auf die Nachbaralp in der Annahme, sie gehörten dorthin. Doch weit gefehlt. Denn kurze Zeit später sei der Nachbar der unteren Alp angekeucht gekommen und habe gefragt, ob jemand seine Schweine gesehen hätte.

 

Ein anderer Alphirt erzählte, wie beim Alpabzug einst ein Schwein verloren gegangen sei und ein Bauer bei der Ankunft auf dem Talbetrieb nur vier statt fünf Schweine aus dem Anhänger ausgeladen habe. Glücklicherweise habe ein anderer Bergler das fehlende Schwein gefunden und eingefangen.

 

Zehren an Bettinas Nerven: Die Velofahrer.
brisch27

 

Zwei Kategorien

 

Unsere Schweine sind gut erzogen. Sie rennen weder weg, noch verstecken sie sich. Kein Grund also, um sich zu ärgern. Anders siehts mit den Velofahrern aus, die jeden Tag die kurvige Strasse auf den Meienberg raufstrampeln oder runterrasen. Dies leider häufig ohne Rücksicht auf die weidenden Ziegen und Rinder. Und wenn die Bikerinnen nicht einmal genug Geduld haben, um zu warten, bis wir die Kälber vom Stall über die Strasse auf die Weide getrieben haben, dann ärgert mich das. Sehr sogar.

 

Bettina verbringt den Sommer auf der Alp.
Renate von Känel

 

Die Radfahrer, die bei uns vorbeikommen, können grob in zwei verschiedene Kategorien eingeteilt werden. Da sind einerseits die Rennvelofahrerinnen, die vor lauter pedalen ihre Umgebung kaum wahrnehmen und nur ab und zu einen Blick auf ihre Sportuhr werfen, um zu prüfen, wie viele Kalorien sie schon verbraten habe. Andererseits gibts jene mit den E-Bikes. Ein Grossteil davon setzte sich vor dem E-Bike-Boom wohl nur selten bis nie auf ein Zweirad und diese Pedalritter wirken meist eher überfordert als glücklich mit ihren schweren Drahteseln.

 

Wenns regnet und der Nebel kommt.
Bettina Kiener

 

Doch keine Würdigung

 

Ein paar Meter unter unserer Alphütte hats ein Weidetor. Um dieses zu passieren, müssen die Velofahrerinnen abbremsen, absteigen, das Tor öffnen, hindurchfahren und anschliessend das Gatter wieder schliessen. Ebenso die Autofahrer. Am Samstagnachmittag spielte ich draussen Alphorn. Das klingt urig, ich weiss. Da ich aber früher schon gespielt habe, dachte ich mir, dass der heurige Sommer ein guter Zeitpunkt sei, um wieder damit anzufangen.

 

Als ich also mit vollen Lungen ins Horn blies, winkte mir ein vorbeifahrender Velofahrer zu. Ich freute mich über die Würdigung meines Alphornspiels – denn es birgt durchaus noch beachtliches Verbesserungspotenzial. Mein Hochgefühl währte jedoch nur eine Sekunde bis ich merkte, dass der Rennvelofahrer lediglich seinem Hintermann ein Zeichen zum Bremsen gegeben hatte. Damit sie nicht ins Weidetor donnerten.

 

Die Ziegen kommen abends zurück in den Stall.
Bettina Kiener

 

Darum liebe Radfahrer: Wenn ihr mit dem Velo über die Alpen strampelt, schaut euch doch auch die schönen Blumen und die Tiere an, freut euch über die Stille oder das Glockengebimmel oder legt einen kurzen Zwischenhalt ein, um ein Stück Käse zu kaufen.

 

Ich fahre übrigens selbst gerne Velo. Mangels meines sportlichen Ehrgeizes jedoch sehr gemächlich. Und mit vielen Pausen.

 

Kommentare (7)

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  • Rinaldo Salvett | 02.07.2023
    Liebe Frau Bettina Kiener
    Ich kann Sie nur vertrösten. Hier in die Val Müstair und Unterengadin, sind die Probleme mit den Bikers genau dasselbe. Die Papiertiger bringen ohne eine blasse Ahnung immer wieder neue Jdeen wie man diese Problematik mit den Bikers mit einer neuen Schnappsidee, so zum Beispiel hat man jetzt eine Regelung erfunden: drei Tage in der Woche sind für Wanderer reserviert und die restlichen Tage für Bikers (aber bitte keine E-Bikes) und so soll es funktionieren?
  • Jürg Locher | 01.07.2023
    Es gibt glaub auch eine dritte Art von Bikern. Die, die nebenbei auch Reiter sind und in der Landwirtschaft arbeiten. Bei denen gehört es auch zur Trainingseinheit mal anzuhalten bei Viehtrieb, Wanderern und so und dann wieder ankurbeln. Nur, die fallen halt nicht so auf
    • Hansdampf | 02.07.2023
      Dem kann ich nur zustimmen. Ich gehe biken, um mich vom Alltag abzulenken, die frische Bergluft, die Ruhe und die Natur zu geniessen. Da ich kein Rennen habe, gebe ich allen den Vortritt. Auch den Tieren. Aber leider fallen halt die schwarzen Schaffe eher auf, als solche wie ich oder der Herr Locher. Darum eine kleine Bitte, nicht voreilig werten, auch bei uns Bikern gibt es solche, die die Natur schätzen und schützen. Und wahrscheinlich sind das auch nicht Ausnahmen.
  • Max Näf | 30.06.2023
    Bravo, liebe Bettina! Du bist einerseits eine motivierte Fachfrau und auch eine junge Persönlichkeit, die Natur, Tiere und Menschen liebt. Deinen erfrischenden Alpberichten Stimme ich voll und ganz zu. Viel Freude weiterhin am (Alp-) Leben und mach weiter so! L. G.
  • Christine Meyer | 30.06.2023
    Sehr schön formuliert Frau Betschart.
    Für mich sind die meisten dieser Egopedalentreter selbst auf dem Flachland einfach nur eine Plage.
    Ob man spazieren geht, Auto fährt oder reitet, die rücksichtslosesten Verkehrsteilnehmer sitzen stets auf den Velosätteln.
  • Steffen Ueli | 30.06.2023
    Schade dass sie eine soo schlechte Meinung von den Bikern, mit oder ohne E, haben. Ich, als älterer E-MTBfahrer habe jedenfals trotz ab und zu negatven Erfahrungen eine durchaus gute Meinung von den Älplerinnen und Älplern, sind doch die meisten freundli und oft für einen kurzen Schwatz zu haben und das nicht nur unter der Bedingung dass ich ein Stüch Käse kaufe.
  • Silvia Betschart | 30.06.2023
    Liebe Bettina Kiener,
    auch im Jura-Gebirge geht mann nicht mehr ohne sich auf die Biker zu konzentrieren, habe mich selber schon ertappt immer über die Schulter zu spähen. Ich bin froh über die Wanderer, dass sie sich noch über die Natur erfreuen und den sogenannten stärkerern den Vortritt gewähren, darf nicht daran Denken wenn es zu Unfällen käme. Hat mich gefreut meine Gedanken für einmal schreiben zu dürfen.

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