Das Schmalblättrige Greiskraut, ursprünglich aus Südafrika stammend, ist ein invasiver Neophyt, der in der Schweiz zunehmend Probleme verursacht. «Das Schmalblättrige Greiskraut ist zurzeit in der ganzen Schweiz vorhanden – insbesondere entlang der Verkehrswege», erklärt Brigitte Marazzi, von der Abteilung Neophyten bei InfoFlora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora.
Die Samen der Pflanze werden durch die durch den Verkehr verursachten Turbulenzen weit verbreitet. Die Pflanze gedeiht auch in Höhenlagen über 1’000 Metern gut und überlebt längere Trockenphasen besser als viele einheimische Pflanzen. Für die Landwirtschaft und die Biodiversität stellt das Schmalblättrige Greiskraut (Senecio inaequidens) eine ernsthafte Bedrohung. Die Pflanze ist nicht nur giftig, sondern auch schwer zu bekämpfen.
Gründe für die starke Verbreitung
Die Verbreitung des Schmalblättrigen Greiskrauts in der Schweiz, insbesondere im Grossraum Zürich und entlang des Genfersees, ist auffällig. «Die Verbreitungskarte von InfoFlora bestätigt, dass sich das Schmalblättrige Greiskraut in der Schweiz insbesondere entlang der Autobahnen und der Schienenwege verbreitet», erläutert Daniel Fischer vom Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich.
Er weist jedoch darauf hin, dass die Karte das tatsächliche Vorkommen nur näherungsweise abbildet, da die Erfassung massgeblich auf freiwilliger Basis erfolgt. «Die Dichte der erfassten Standorte hängt auch davon ab, in welchen Gebieten engagierte Kartierer tätig sind», fügt Daniel Fischer hinzu.
Auch als Heu noch giftig
Das Hauptproblem des Schmalblättrigen Greiskrauts liegt in seiner Giftigkeit. «Die Pflanze ist giftig für Menschen und Vieh und kann sogar tödlich sein», erklärt Brigitte Marazzi. Und die Giftigkeit bleibt auch in getrocknetem Zustand – also im Heu – erhalten. Dies stellt eine erhebliche Gefahr für die landwirtschaftlichen Betriebe dar, da das Vieh durch den Verzehr der Pflanze vergiftet werden kann.
«Das Schmalblättrige Greiskraut ist ähnlich giftig wie das einheimische Jakobskreuzkraut – beide Pflanzen enthalten ein Gift, das im Falle eines Verzehrs bei Tieren und Menschen Leberschäden verursacht und im schlimmsten Fall Krebs auslösen kann», ergänzt Daniel Fischer. Kühe meiden die Pflanze auf der Weide zwar, aber wenn das Gras als Heu oder Silage verwendet wird, können sie es nicht mehr aussortieren und nehmen das Gift auf. Dies kann sogar zu Kontaminationen in Milch und Milchprodukten führen und deshalb gilt ein sehr tiefer Toleranzwert für Milch, um eine Gefährdung von Menschen zu vermeiden.
Intensivierung des Giftmonitorings
«Entlang stark verseuchter Verkehrswege droht eine Ausbreitung auf die benachbarten Wiesen – dies erfordert dann Vorkehrungen bei der Bewirtschaftung durch die Landwirtinnen und Landwirte und, wenn die Eindämmung nicht klappt, eine Intensivierung des Giftmonitorings in den Milchprodukten», erklärt Daniel Fischer weiter.
Auch für die Honigproduktion stellt die Pflanze ein Problem dar, da der Giftgehalt im Honig zu hoch werden kann, wenn die Bienen Pollen und Nektar von der Pflanze sammeln. «Wenn rund um den Bienenstock zu viel Greiskraut vorkommt, muss der Honig vernichtet werden», warnt Daniel Fischer.
Bekämpfungsmassnahmen und deren Aufwand
Die Bekämpfung des Schmalblättrigen Greiskrauts erfordert erhebliche Anstrengungen. Die Bekämpfungsmassnahmen beinhalten unter anderem mechanisches Ausrotten, bei dem die Pflanzen zweimal im Jahr – im Mai und Juni – ausgerissen werden. Daneben wird der Bestand mechanisch stabilisiert, das heisst wiederholte und möglichst bodennahe Mahd bis zu siebenmal im Jahr.
Und schliesslich gibt es noch die chemische Bekämpfung, wobei aber die gesetzlichen Bestimmungen zum Einsatz von Herbiziden und insbesondere die Chemikalien-Risikoreduktionsverordnung eingehalten werden müssen. Der Aufwand ist hoch, da die Samen im Boden mehrere Jahre keimfähig bleiben und die Bekämpfung entlang von Autobahnen oder Gleisen kompliziert und teuer ist.
Samenvorrat verbleibt 6 Jahre im Boden
«Mit Artikel 52 der Freisetzungsverordnung werden die Kantone angehalten, die Bekämpfung von Organismen anzuordnen, welche die Gesundheit von Mensch und Tier, die Umwelt oder die Biodiversität gefährden», erklärt Daniel Fischer. Im Kanton Zürich wird die Pflanze seit über 10 Jahren bekämpft. Die Unterhaltsdienste entlang der Verkehrswege sind sensibilisiert und jäten die Pflanzen, wo es möglich ist. Regelmässiges Mähen wird zur Reduktion der Samenmenge eingesetzt.
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— mz-web.de (@mzwebde) February 22, 2022
Im Jahr 2023 konnte im Kanton Zürich laut Daniel Fischer erstmals ein Rückgang der Anzahl Standorte und des Aufwands für das Absuchen und Jäten festgestellt werden. Es dauert aber rund sechs Jahre, bis ein Samenvorrat im Boden abgebaut ist und während dieser Zeit muss die verseuchte Fläche mindestens sechs Mal pro Jahr abgesucht und jede Pflanze ausgerissen werden. «Schweizweit dürften wahrscheinlich pro Jahr mehrere Millionen Franken für die Greiskrautbekämpfung aufgewendet werden», schätzt Daniel Fischer.
Sensibilisierung ist der Schlüssel
Die Sensibilisierung der Behörden, der Landwirtinnen und Landwirte sowie der Bevölkerung für das Problem der invasiven Arten ist in der Schweiz relativ hoch, jedoch immer noch ausbaufähig. «Man könnte immer sagen, dass man nie genug sensibilisiert ist, aber gegenüber anderen Ländern in Europa würde ich schon meinen, dass wir in der Schweiz mehr sensibilisiert sind», betont Brigitte Marazzi.
Die Medienberichterstattung und die Einbindung des Themas in den (Fach)Schulen hätten zur erhöhten Aufmerksamkeit beigetragen, ist Brigitte Marazzi überzeugt. Seit 2008 gehört das Schmalblättrige Greiskraut auch zu den verbotenen Arten der Freisetzungsverordnung, was zur längeren Bekanntheit und Sensibilisierung beigetragen hat.
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