Cremo macht schwierige Zeiten durch und befindet sich zumindest in einer finanziell heiklen Situation.
Samuel Krähenbühl
Beim Freiburger Milchverarbeiter Cremo ist es zu einem Wechsel im Verwaltungsrat gekommen. An der ausserordentlichen Generalversammlung wurde Georges Godel in den Verwaltungsrat und zum Präsidenten gewählt. Er übernimmt das Amt von Alexandre Cotting, der nicht ganz freiwillig geht.
Die Aktionäre der Cremo haben an einer ausserordentlichen Generalversammlung Georges Godel zuerst in den Verwaltungsrat und anschliessend zum neuen Verwaltungsratspräsidenten gewählt. Godel folgt auf Alexandre Cotting, heisst es in einer Mitteilung.
Dieser hat im Januar aufgrund Meinungsverschiedenheiten mit dem Freiburger Michverband (FMV) bezüglich der Unternehmensführung, seinen Rücktritt bekannt gegeben. Man habe ihm keine Zeit gelassen, kritisierte Cotting Mitte Januar. Unter seiner Ägide sei viel Grundlagenarbeit geleistet worden, um das Unternehmen auf Vordermann zu bringen.
War selbst Milchproduzent
Der FMV ist Hauptaktionär der Cremo. Dieser hält einen Anteil von 47 Prozent. Godel wurde vom Verband portiert. «Ich danke den Aktionären und dem Verwaltungsrat für das mir entgegengebrachte Vertrauen. Ich bin entschlossen, mit all meinen Kräften zum Erfolg und Bestand des Unternehmens beizutragen », lässt sich Georges Godel zitieren.
Godel war selber einmal Cremo-Milchproduzent und bereits als FMV-Präsident und Freiburger Staatsrat im Einsatz, wovon zehn Jahre als Finanzdirektor. Er verfüge über breite Kenntnisse der Milchwirtschaft, sowie ausgewiesene Erfahrung in den Bereichen Führung und Strategie, heisst es in der Mitteilung.

zvg
Vor rund einem Jahr sorgte Godel mit einem Buch für Wirbel, in dem er auf seine Amtszeit als Staatsrat zurückblickte. Im April 2022 eröffnete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Amtsgeheimnisverletzung. Godel war zehn Jahre lang Freiburger Finanzdirektor.
Geschäftsführung erweitert
An der ausserordentlichen Generalversammlung wurden zudem Dominik Büchel als Verkaufsleiter und Alain Deschenaux als Produktionsleiter in die Geschäftsführung gewählt. Sie sollen laut Mitteilung die Geschäftsleitung in «strategisch wichtigen Bereichen» verstärken.
Dominik Büchel war während der letzten 14 Jahren Leiter Verkauf und Marketing bei der Haco AG in Gümligen und vormals Leiter Verkauf Europa bei der Emmi AG. Er bringe somit breite nationale und internationale Verkaufserfahrung mit.
Alain Deschenaux war vorgängig bei der Micarna AG tätig, zuletzt als Leiter Bereich Geflügelverarbeitung tätig. Er bringe insbesondere seine breite Erfahrung in den Bereichen Personalführung und Verbesserung der industriellen Leistungsfähigkeit in seine neue Tätigkeit bei Cremo mit.
In den roten Zahlen
Georges Godel soll das Unternehmen wieder flott machen. Denn Cremo macht schwierige Zeiten durch und befindet sich zumindest in einer finanziell heiklen Situation. Der Konzern mit Sitz in Villars-sur-Glâne (FR) verzeichnete mit seinen 790 Angestellten am Ende des Geschäftsjahres 2021 einen Verlust von 2,9 Millionen Franken. Insgesamt setzte das Molkereiunternehmen 500 Millionen Franken um.
Die angespannte Situation auf dem Milchmarkt, gepaart mit steigenden Energie- und Materialpreisen, habe zu höheren Beschaffungskosten geführt. Das vergangene Jahr wird ebenfalls defizitär sein.
Immer weniger Milch
Cremo wies im Geschäftsbericht für das Jahr 2021 auf die angespannte Lage am Milchmarkt hin. «Die Situation auf dem Beschaffungsmarkt für Industriemilch war 2021 aufgrund der rückläufigen Gesamtmenge äusserst angespannt und von einem harten Wettbewerb geprägt», heisst es. Dies habe zu nationalen, durch die Milchhändler ausgelösten Verschiebungen geführt.
Cremo hat einen markant tieferen Milcheingang um 14% gegenüber dem Vorjahr in Kauf nehmen müssen. «Dieser deutliche Rückgang der Industriemilchmenge stand im scharfen Kontrast zur positiven Entwicklung des Cremo-Milchpreises. So stieg der von Cremo ausbezahlte durchschnittliche Milchpreis während des Berichtsjahres (2021) um ganze 7,25 Rappen/kg Milch», heisst es im Bericht weiter. Eine Trendwende auf dem Milch- und Buttermarkt sei zumindest kurz- und mittelfristig nicht in Sicht. «Umso wichtiger ist es, dass Cremo weiterhin einen fairen und kompetitiven Milchpreis bezahlt », sagte der Cremo-Chef Frédéric Métrailler im Juni 2022.
2021 hat Cremo 312 Millionen Kilo Milch verarbeitet. Im Jahr zuvor konnten die Freiburger noch 363 Millionen Kilo verarbeiten, 2019 betrug die Menge noch 393 Millionen Kilo. 2018 verarbeitete Cremo 407 Millionen Kilo Milch, fast 100 Millionen Kilo mehr als 2021.
Lucens wird Ende 2023 geschlossen
Deshalb hat Cremo entschieden, den Standort Lucens VD bis Ende 2023 runterzufahren. Der Entscheid wurde Anfang Oktober 2022 kommuniziert. Zuerst wird die Käseproduktion, später die Käsereifung und zuletzt die Pulvertrocknung aus Nebenprodukten schrittweise nach Villars-sur-Glâne verlagert. Die dafür notwendigen Investitionen seien bereits aufgegleist, teilt der Milchverarbeiter mit.
Der Abbau in Lucens sei wegen der geringeren Industriemilchmengen und der zuletzt empfindlichen Volumenkürzungen bei der Käseproduktion notwendig, begründete Cremo den Entscheid. Hinzu kämen die deutlich höheren Energiekosten. Die Milchproduzenten sind von der Schliessung nicht betroffen. Die Milchabnahme bleibe zu unveränderten Kaufbedingungen gewährleistet. «Die Restrukturierung verbessert die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und trägt damit zu dessen Existenzsicherung bei», so Cremo weiter.