/fileadmin/images/logo.svg

Artikel werden durchsucht.

«Sie lassen die Bauernbetriebe im Stich»

Die Delegierten des Schweizer Bauernverbandes (SBV) haben an ihrer Versammlung die gesunkenen Einkommen der Bauernfamilien moniert. Die vom Bundesrat zusätzlich geplanten Kürzungen im Agrarbudget wurden deshalb scharf kritisiert. Thematisiert wurden auch die fehlenden Pflanzenschutzmittel und der fehlende Absatz von nachhaltigen Produkten.

2022 haben die Landwirtschaftsbetriebe weniger verdient. Das landwirtschaftliche Einkommen nahm gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich 1,3% ab. Vor allem die Teuerung und die tiefen Schweinepreise haben den Betrieben zugesetzt. Das Einkommen   betrug im Mittel 79’700 Franken je Betrieb. Je nach Region gibt es deutliche Unterschiede.   

Hügelgebiet stark betroffen

Von 2021 auf 2022 seien die bereits tiefen landwirtschaftlichen Einkommen bedenklich zurückgegangen, hiess es in einer Mitteilung vom Mittwoch. Im Durchschnitt habe eine Familienarbeitskraft 56’100 Franken pro Jahr verdient. Das entspreche einem Rückgang von 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Besonders stark betroffen war demnach das Hügelgebiet mit einem Einkommenszerfall von über 10 Prozent. Das sei alarmierend, denn schon vorher hatten über 80 Prozent der Betriebe im Berg- und Hügelgebiet ein tieferes Einkommen als der Vergleichslohn vorgebe, warnt der Bauernverband. Deshalb forderte Verbandspräsident Markus Ritter: «Die Produzentenpreise müssen steigen.» Es könne nicht sein, dass die Preise für Lebensmittel im Laden sich stetig erhöhten und davon kaum etwas zu den Bauernfamilien komme. Die Abnehmer sollen faire Preise bezahlen, die die Produktionskosten decken und die Schweizer Lebensmittelproduktion attraktiv halten.

Kaufkraft sinkt weiter

Das leicht steigende Sektoreinkommen in diesem Jahr ist aus der Sicht des Verbandes nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Die leichte Zunahme werde durch die Inflation aufgefressen. «Die Kaufkraft der landwirtschaftlichen Betriebe sinkt weiter», kritisierte der Verband vor wenigen Tagen.  Weil aufgrund der Teuerung die Kaufkraft in der Bevölkerung schwindet und sie daher vermehrt auf preisgünstige Lebensmittel ausweicht, leidet die Landwirtschaft gemäss SBV zusätzlich. «Es ist der Landwirtschaft nach wie vor nicht gelungen, ihre Mehrkosten bezüglich Umwelt und Tierwohl vollumfänglich weiterzugeben», so der SBV.

Markus Ritter kam auch auf den Pflanzenschutz zu sprechen. Ritter warf der Politik vor, masslos zu übertreiben. «Politik und Bevölkerung schienen vor drei Jahren der Ansicht zu sein, dass Pflanzenschutzmittel des Teufels sind und so weit wie möglich verbannt gehören. Dass die Mittel nicht nur das Essen sichern, sondern auch Food Waste verhindert, wollte niemand hören», führte es aus. Das räche sich nun.

Fehlender Pflanzenschutz

So wurden Pflanzenschutzmittel vom Markt genommen wurden, ohne eine Alternative zu haben. Schädlinge lassen sich teils nicht mehr bekämpfen. «So zum Beispiel fehlt uns bei den Kartoffeln ein Mittel gegen Drahtwürmer. Wenn wir zu wenig Schweizer Kartoffeln haben, dann importieren wir den Rest einfach munter. Woher diese ausländische Ware stammt und mit welchen Mitteln sie behandelt wurde, interessiert niemanden», kritisiert Ritter.

Beim Getreide müsse IP-Suisse-Ware in den konventionellen Kanal deklassiert werden, weil der Absatz stocke. Er wirft Handel, Politik und der Bevölkerung Doppelmoral vor. Alle würden Nachhaltigkeit einfordern, verkaufen liessen sich die Produkte aber nur harzig. «Wo sind nun all die besorgten Bürgerinnen und Bürger? Die super nachhaltigen Verarbeiter und Detailhändler? Und die engagierten Politikerinnen und Politiker? Sie lassen die Bauernbetriebe, die ihre Verantwortung ernst genommen haben, im Stich», sagte der verärgerte Bauernverbandspräsident.

Kein Verständnis für Sparpläne

Auf Unverständnis stiessen an der Delegiertenversammlung auch die Sparpläne des Bundesrates beim Agrarbudget. Die Landwirtschaft trage keine Schuld am Loch in der Bundeskasse, heisst es in einer dazu verabschiedeten Resolution. Im Gegenteil: Die Ausgaben des Bundes dafür betrügen seit 20 Jahren konstant 3,6 Milliarden Franken, während die Gesamtausgaben des Bundes um 80 Prozent gestiegen seien.

 

Löhne unter Vergleich-Niveau

Das landwirtschaftliche Einkommen liege mit 17 Franken pro Stunde mittlerweile weit unter dem Niveau des Vergleichseinkommens. Der Bundesrat habe aber in diesem Fall den gesetzlichen Auftrag, Massnahmen zu ergreifen.

Das Sparprogramm verstosse gegen den entsprechenden Artikel im Landwirtschaftsgesetz. Die Delegierten fordern das Parlament und den Bundesrat daher dazu auf, den Bauernfamilien weiterhin mindestens die gleichen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen wie bisher. Die Delegierten zeigten der Regierung symbolisch die rote Karte und verabschiedeten eine Resolution zum «Sparpläne-Foul». Darin betonen sie, dass die Landwirtschaft keine Schuld am Loch in der Bundeskasse trägt.

Wahlen

Die Delegierten wählten zwölf neue Personen in die Landwirtschaftskammer und Jürg Iseli (Präsident Berner Bauern Verband), Andreas Bernhard (Präsident Suisseporcs), Boris Beuret (Präsident Schweizer Milchproduzenten) und Hugo Abt (Schweizer Rindviehproduzenten) in den Vorstand. Nach den offiziellen Traktanden verabschiedete der Verband seinen langjährigen stellvertretenden Direktor Urs Schneider in den Ruhestand. 

Warnung vor Biodiversitätsinitiative

Ein Thema an der Delegiertenversammlung war auch die Biodiversitätsinitiative. Der Bauernverband warnt vor einer Annahme: «Sie will die Hauptaufgabe der Landwirtschaft – die Bereitstellung von Lebensmitteln – durch völlig unverhältnismässige Forderungen weiter einschränken», sagte Verbandsdirektor Martin Rufer. Zudem wäre nicht nur die Landwirtschaft  von der Initiative betroffen, sondern auch die Energiebranche, der Wald oder der Tourismus. «Die Folgen wären eine Verschlechterung des Selbstversorgungsgrades, grössere Abhängigkeit von Importen und eine weitere Verschiebung des ökologischen Fussabdrucks ins Ausland», warnte Rufer.

Die Medienpreise in der Höhe von je 2000 Franken verliehen die Delegierten an die SRF-Reportage «Bauern bis ans Limit», eine Podcast-Serie von «Terre&Nature» und einen Artikel in der «La Regione».

 

 

Kommentare (5)

Sortieren nach:Likes|Datum
  • Bungi Walter | 01.12.2023
    Herr Ritter ich glaube die Bauern verkennen ihre Lage.
    1. Welcher Unternehmer kann seinen Betrieb ausser den Bauern zum Ertragswert veräussern.
    2. Welcher Betrieb bekommt Subventionen vom Bund wenn er Einkommensbusen hat ausser die Bauern.
    3. Welcher Hauseigentümer kann die gleichen Wohnvergünstigungen geltend machen wie der Bauer.
    4. Welcher Unternehmer kann die gleichen Treibstoffpreise erhalten wie der Bauer zu dem kann er sie auch zu Privaten zwecken missbrauchen ohne gross behelligt zu werden.
    5.Welcher Betrieb kann Reitpferde (Industriepferde) im Landwirtschaftsland bewirtschaften ausser die Bauern die ihre Ställe zweckentfremden!
    6.Welcher Arbeitnehmer kann seinen Geldgeber belästigen Steuerzahler) mit nicht zumutbaren Handlungen. Jeder hätte innert Monatsfrist die Kündigung aber der Bauer wird geschützt oder ist von Natur aus geschützt. (Geschützte Wekstatt)
    Dass sind nur ein paar Vorteile die man sich wieder einmal vor die Augen führen muss, um zu sagen; Ja wir haben es ja wirklich gut. Wir reklamieren oder fordern auf hohem Niveau.
    Mit freundlichen Grüssen
    • Jakob | 06.12.2023
      an Walter:
      1. Sie wissen wohl nicht wie der Ertragswert berechnet wird.
      Er liegt weit unter dem Verkehrswert.
      2. Die Landschaft erhält nicht Subventionen, sonder Direktzahlungen die an Leistung gebunden sind.
      3. Wohnungsvergünstigung? Noch nieh gehört. Vielleicht habe ich da eine Bildungslücke.
      4. Die Landwirtschaft zahlt den vollen Kraftstoffpreis. Erhält davon einen Teil der Zollrückerstattung nicht nach Verbrauch sondern nach betrieblichen Kriterien.
      5. Industriepferde? Gibt es nicht. Entweder es sind Nutztiere oder Heimtiere. Diese Definition hat aber keinen direkten Zusammenhang mit der Landwirtschaft. Übrigens Perdehaltung gehört seit eh und jeh zur Landwirtschaft.
      6. Landwirte sind keine Arbeitnehmer.
      Sie sind Unternehmer, von denen die Öffentlichkeit grosse Anforderungen in allen Bereichen stellt, die durch die fordernden Steuerzahler ausgeglichen werden müssen.
  • Nik von Rhaetien | 30.11.2023
    ''Besonders stark betroffen war demnach das Hügelgebiet mit einem Einkommenszerfall von über 10 Prozent. Das sei alarmierend, denn schon vorher hatten über 80 Prozent der Betriebe im Berg- und Hügelgebiet ein tieferes Einkommen als der Vergleichslohn vorgebe, warnt der Bauernverband''(schweizerbauer, «Sie lassen die Bauernbetriebe im Stich», blu | 29.11.2023 12:00 ). '' Bundesräte können sich freuen: Ihr Lohn steigt fünfstellig!'', Blick, 30.12.2022). Im November 2023 hat sich der Bundesrat einen Inflations- und Teuerungsausgleich in Form einer 10-prozentigen Bundesratsbesoldungszunahme genehmigt.
  • Markus | 30.11.2023
    Ein interessanter Beitrag diesbezüglich veröffentlichte die NZZ am 23.06.2023: «Der Staat subventioniert die Banken mit 30 Milliarden»

    Link: https://magazin.nzz.ch/nzz-am-sonntag/wirtschaft/oekonom-rechnet-vor-der-staat-subventioniert-die-banken-mit-30-milliarden-ld.1743039?reduced=true
    • Berther Daniel | 15.12.2023
      Lieber Walter,
      in der Tat bekommen wir sehr viel Geld vom Bund. Ich bin in der Bergzone 3 zuhause. Habe keinen überdimensioinierten Maschienpark und gebe mir Mühe Kostenbewusst und ökologisch zu wirtschaften. Mein Betrieb hat 1.8 Standardarbeitskräfte. Das Landwirtschaftliche Einkommen mit Abschreibungen von 8'500.- beträgt 60'000. Die Direktzahlungen betragen Fr. 95' 000. 1/3 geht also für das Defizit des Betriebes verloren. Wer in der Privatwirtschaft würde mit 1.8 SAK für diesen Lohn arbeiten. Rechne ich den mindest Lohn eines Landw. Angestellten auf 12 Monate x 1.8SAK bin ich höher als mein Verdienst. Jedoch werde ich schon wieder wegen Klima und Gewässerschutz investieren müssen!
×

Schreibe einen Kommentar

Kommentar ist erforderlich!

Google Captcha ist erforderlich!

You have reached the limit for comments!

Das Wetter heute in

Umfrage

Lässt Ihr Trockenfutter produzieren?

  • Ja, aus Gras:
    5.1%
  • Ja, aus Mais:
    9.84%
  • Ja, aus Gras und Mais:
    8.93%
  • Nein:
    76.14%

Teilnehmer insgesamt: 1098

Zur Aktuellen Umfrage

Bekanntschaften

Suchen Sie Kollegen und Kolleginnen für Freizeit und Hobbies? Oder eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner?