Am dritten Tag haben die Absolventinnen und Absolventen des Hafl einen Bauernbetrieb in Sveti Petar u Šumi (Kroatien) besucht. Die Degustation von istrischem Schinken war gewiss ein kleiner Höhepunkt. Dann ging es auf einen Lavendelbetrieb in Visnjan und schliesslich auf einen Weinbaubetrieb in Vižinada.
Dieser Bericht wurde verfasst von Lavinia Brodbeck, Manuela Helbling, Manuel Morgenegg und Lisa Nagy.
Herkunftslabel ohne Schweine der Region
Am Mittwochmorgen haben wir uns von der Küstenstadt Rovinj rund 30 Minuten mit dem Car ins Landesinnere nach Sveti Petar u Šumi bewegt. Dort wurden wir von der Familie Franjul ( OPG Franjul ) mit einem Gläschen Sliwowitz (beliebter kroatischer Pflaumenschnaps) empfangen.
Sohn Loris Franjul erklärte uns, dass er und seine Familie jährlich rund 150 Schweine schlachten lassen und das Fleisch in Form von Schinken, Speck und Wurst als istrische Spezialität vermarkten. Istrischer Schinken zählt tatsächlich zu den besten Rohschinken der Welt. Umso mehr hat uns erstaunt, dass dieser nicht in Istrien produziert, sondern nur verarbeitet werden muss, um das Herkunftslabel (geografische Angabe GGA/IGP) zu erhalten. Gemäss Loris Franjul sei er der einzige Produzent der Spezialitäten der Halbinsel, der auch wirklich noch selbst Schweine halte. Verarbeiter gebe es in Region rund 20.
Offener Schweinestall bei der Familie Franjul in Sveti Petar u Šumi.
zvg
Kreuzung aus Landrasse und Yorkshire
Die Schweine, Kreuzungstiere der Landrasse und Yorkshire so der Produzent, werden in einem kleinen Stall neben dem Wohnhaus gehalten. Der Stall besteht aus zwei Teilen. Im vorderen Teil befindet sich eine Bucht mit einer offenen Front. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs befanden sich darin 17 Schweine. Im hinteren, geschlossen Teil des Stalls, fanden sich noch einmal gleich viele Schweine.
Die Jager werden mit 22 kg von einem Produzenten aus der Region Slawonien im Osten von Kroatien gekauft und anschliessend bis 250 kg Lebendgewicht bei Familie Franjul gemästet. Was wir aus Gründen sprachlicher Barrieren (Loris sprach ein gebrochenes Englisch) nicht verstanden haben, ist die Mastdauer der Tiere.
Einmal haben wir verstanden, dass es 50 Mastschweineplätze à drei Umtriebe pro Jahr gibt. Jedoch wurde uns ebenfalls gesagt, dass die Tiere bei Schlachtreife rund 1 Jahr und drei Monate alt sind; das geht kalendarisch nicht ganz auf. Gefüttert werden die Schweine mit hauseigener Triticale und einer zugekauften Getreidemischung. Familie Franjul baut auf insgesamt 20 ha abwechslungsweise Triticale und Wintergerste an.
Die Schweine werden mit hauseigener Triticale und einer zugekauften Getreidemischung gefüttert.
zvg
Die Tiere werden beim Dorfmetzger in 1 km-Entfernung geschlachtet. Danach kommen die Schweinehälften zurück auf den Betrieb und werden von der Familie im ca. 39 m 2 grossen Verarbeitungsraum zerlegt und verarbeitet. Den Verarbeitungsraum durften wir auf mehrmalige Nachfrage von aussen begutachten.
Die Verkostung der istrischen Fleischspezialitäten durfte nicht zu kurz kommen. Nebst dem Schinken haben wir Speck und Salami mit diversen Geschmacksrichtungen probiert: Nature, 4-Pfeffer, Rosmarin und Trüffel. Der Degustationsraum bringt der Familie den grössten Teil Ihres Einkommens ein. Nebst der Verköstigung von Touristen werden die Produkte auf dem Wochenmarkt im 40 Kilometer entfernten Pula verkauft.
Besuch eines Lavendelbetriebs
Da die Degustation und die Führung auf dem Betrieb Franjul nicht die geplante Zeit in Anspruch genommen hat, entschieden wir uns spontan, den Lavendelbetrieb Deklevi in Visnjan zu besuchen. Nach einer 40-minütigen Autofahrt besuchten wir zuerst den charmant eingerichteten Hofladen.
Dort gab es diverse Produkte aus Lavendel und anderen Kräutern zu kaufen: Seifen, Lavendelkissen, Gesichtcrèmes, aber auch hauseigenes Olivenöl oder Rosmarinsirup.
Für eine spontane Führung auf dem Betrieb hatten die Bewirtschafter keine Zeit, daher haben wir uns selbst auf den öffentlich zugänglichen Rundweg um die Kräuterfelder gemacht. Auf rund 12 Hektaren Fläche wird nebst Lavendel auch Salbei, Rosmarin, Oliven, Minze und italienische Immortelle (Strohblume/Currykraut) angebaut.
Besuch einer Kelterei
Am frühen Nachmittag reisten wir eine weitere halbe Stunde in den Norden der Halbinsel nach Vižinada. Die Familie Sosich ( Sosich Wines ) betreibt dort seit 1850 auf rund 7 Hektaren Weinbau. Iva und Adiano haben uns sofort den ersten Wein zum Verkosten angeboten. Ehe wir uns versahen, hatten wir 8 Weine und 3 Liköre probiert. Die Stimmung unter den Studierenden war nach 2 Stunden fröhlich bis sehr heiter.
Neben einer Betriebsbesichtigung wurde bei der Familie Sosich in Vižinada auch deren Wein verkostet.
zvg
Nach der Degustation hat uns Iva die Kelterei inklusive Abfüllanlage gezeigt und uns zu einer Rebparzelle begleitet. Dort haben wir uns mit Schweizer Köstlichkeiten bei der Familie Sosich bedankt und reisten zurück nach Rovinj. Damit ging ein abwechslungs- und lehrreicher Tag zu Ende.
OPG
Die Abkürzung OPG steht für Obiteljsko Poljoprivredno Gospodarstvo , was auf Deutsch Familien-Landwirtschaftsbetrieb bedeutet. Es handelt sich dabei, soweit wir in Erfahrung bringen konnten, nicht um eine Rechtsform oder gar ein Label, sondern um einen Namenszusatz, welche kleine Betriebe in Kroatien oft als Erkennungszeichen verwenden. Rund zwei Drittel der ca. 230'000 kroatischen Landwirtschaftsbetriebe sind weniger als 3 ha gross und gehören zu den Familien- und Kleinbetrieben.
Weitere Folgen
Teil 1 der Reise: Mit 12 Kühen grösster Milchviehhalter
Teil 2 der Reise: Zu Besuch bei der ältesten Rinderrasse Europas