Im Jahr 2023 entnahmen Pestizid-Kontrolleure in der Schweiz hunderte Proben aus landwirtschaftlich genutzten Böden. Den höchsten Anteil an Proben mit Pestizidrückständen wies der Kanton Thurgau auf.
Hohe Quote
Jede dritte der insgesamt 24 Weizen- und Gemüseproben wurde wegen Pestizidrückständen beanstandet. Im Winterweizen eines Thurgauer Betriebs wurde sogar das seit 2022 verbotene Pflanzenschutzmittel Epoxiconazol nachgewiesen, heisst es in einem Bericht der «Thurgauer Zeitung».
Anlass für diese Proben ist auch die parlamentarische Initiative «Das Risiko beim Einsatz von Pestiziden reduzieren» , die 2021 vom Parlament mit 138 zu 48 Stimmen angenommen wurde. Die Initiative fordert, dass das Risiko beim Pestizideinsatz bis 2027 um 50 Prozent reduziert wird. 2023 führte der Bund dazu 502 Laboranalysen durch. Die Beanstandungsquote lag bei 11 Prozent. Die Mehrheit der Proben war also ordnungsgemäss. Wieso lag diese Quote im Kanton Thurgau aber bei 33 Prozent?
Bund setzt auf Kontrolle
Jürg Fatzer, Geschäftsführer des Verbands Thurgauer Landwirtschaft (VTL), könne sich den überdurchschnittlich hohen Anteil an beanstandeter Proben nicht erklären, schreibt die «Thurgauer Zeitung». Aufgrund der hohen Quote sieht Fatzer aber Handlungsbedarf. Es brauche bessere Information und Beratung. «.Harte Strafen bestehen bereits», sagt er. Der Verband verurteile aber das absichtliche Verwenden von nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln.
Der folgende Beitrag stammt aus der «Tagesschau» vom 30. März 2025.
Dem Bund erscheint ein rein beratender Ansatz zur Erreichung der Ziele der Initiative nicht ausreichend. So plant der Bund dieses Jahr, die Anzahl der Kontrollen deutlich zu erhöhen. Statt wie bisher 200 Analysen will er 1’000 Analysen finanzieren (-> Spritzmittel: Bund kündigt mehr Kontrollen an). Die Kantone können zusätzliche Kontrollen anordnen.
Ursache schonen statt Symptome bekämpfen
Für den Thurgauer Kantonsrat Simon Weilenmann (Grüne) sei der hohe Anteil beanstandeter Proben ein «Branchenversagen». Der Biobauer aus Bassadingen TG sieht das Problem darin, dass die Schweizer Landwirtschaft auf Pflanzenschutzmittel angewiesen sei, schreibt die «Thurgauer Zeitung». Es brauche ein Umdenken. Die Landwirtschaft müsse nachhaltiger und ökologischer werden, so Weilenmann.
Weilenmann beobachte aber gerade Gegenteiliges. Als Beispiel nennt er die Grenzwerte, die für bestimmte Insektizide gemäss dem Gewässerschutzgesetz vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) festgelegt werden müssten. Aufgrund der Lobbyarbeit des Schweizerischen Bauernverbandes sei das Bafu aber «im Begriff keine Grenzwerte festzulegen», heisst es in der «Thurgauer Zeitung».
Keine Beanstandungen im Jahr 2024
Das Thurgauer Landwirtschaftsamt sieht hingegen keinen Handlungsbedarf, da das Problem nicht systemisch sei. Die Menge der beanstandeten Proben lasse auch keinen Hinweis auf die Schwere der Verstösse zu. Und für das verbotene Spritzmittel Epoxiconazol, das 2023 auf einen Thurgauer Betrieb nachgewiesen werden konnte, sagt das Landwirtschaftsamt zur Zeitung.
Der Wirkstoff sei noch bis Ende August 2022 zugelassen gewesen. Aufgrund eines Rechtsstreits habe die Zeit zwischen der Ausverkaufs- und der Anwendungsfrist, die normalerweise ein Jahr beträgt, nur zwei Monate betragen, schreibt die «Thurgauer Zeitung».

Martin Angehrn ist Leiter des Thurgauer Landwirtschaftsamtes.
Isabelle Schwander
Was für die Argumentation des kantonalen Landwirtschaftsamtes spricht, also dass das Problem nicht systemisch sei, sind die Ergebnisse der Proben aus dem Jahr 2024. Im vergangenen Jahr wurden im Kanton Thurgau rund 50 Proben von Kernobst, Beeren und Salate untersucht. Keine der untersuchten Proben musste beanstandet werden, berichtet die «Thurgauer Zeitung».
Finanzielle Förderung und Weiterbildungen
Bei Nichteinhaltung der Vorgaben, wie bei der Verwendung verbotene Pflanzenschutzmittel, droht der Entzug von Direktzahlungen. Bei schweren Verstössen können Betriebe sogar vorübergehend gesperrt werden. Doch der Bund droht nicht nur mit der Peitsche. Für die Umsetzung der eingangs erwähnten Initiative wurden Produktionssystembeiträge als Teil der Direktzahlungen eingeführt. Diese Beiträge fördern finanziell jene Landwirtschaftsbetriebe, die besonders naturnah, umwelt- und tierfreundlich produzieren.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Weiterbildung. Ab 2026 gilt in der Schweiz eine Weiterbildungspflicht für alle professionellen Anwender von Pflanzenschutzmitteln. Die neue Regelung sieht vor, dass alle fünf Jahre acht Stunden Weiterbildung absolviert werden müssen (-> Wer spritzt, muss die Schulbank drücken).
Lesen Sie zu diesem Thema auch folgende Artikel:
-> Spritzmittel-Zulassung: Motion verschoben
-> Spritzmittel fachgerecht einsetzen

Gruss von einem Biobauern der auch die Arbeit seiner konventionellen Berufskollegen wertschätzt.