Andreas Kindlimann wollte ein rundes Erlebnis für die Besucher schaffen, wobei der Weg auf dem Hof endet.
Michelle Wüthrich
Direkt am Betrieb «Chrinnenhof» der Familie Kindlimann in Wald (ZH) führt mich die Herzroute auf meinem Weg in Richtung Rapperswil (SG). Bei meinem Zwischenstopp treffe ich den Projektinitiator eines besonderen Vorhabens, das sich zu einem beliebten Ausflugsziel für Familien entwickelt hat. Andreas Kindlimann hat zusammen mit seiner Ehefrau Nicole und seinen drei Kindern ein Erlebnis geschaffen, das Besucher jeden Alters begeistert.
Erfahrungen und wirtschaftlichen Überlegungen
Kindlimanns bewirtschaften einen Bio-Betrieb an der Kantonsgrenze zwischen St. Gallen und Zürich. Auf ihrem Hof erhielt ich einen Einblick in ihr innovatives agrotouristisches Angebot. Während eines Rundgangs über dem Goldingertal erzählte mir Andreas, wie das Projekt entstand.
Die Idee für den Erlebnisweg am Chrinnenhof entstand aus einer Kombination von persönlichen Erfahrungen und wirtschaftlichen Überlegungen. Andreas, der Betriebsleiter, und seine Familie hatten zahlreiche Erlebniswege besucht und dabei wertvolle Erkenntnisse darüber gewonnen, was gut funktioniert und was weniger ansprechend ist. «Einerseits sind es natürlich meine Kinder in diesem Alter», erklärt Andreas. Das Gesehene und die Kinder inspirierten ihn, einen eigenen Erlebnisweg zu konzipieren.
Tourismus als interessanter Bereich
Ein weiterer ausschlaggebender Punkt war der Erfolg des Hofladens während der Corona-Pandemie. «Wir haben gesehen, dass der Tourismus ein sehr interessanter Bereich ist, auch wirtschaftlich gesehen für den Hof», so Andreas. Um dieses Wachstum nachhaltig zu sichern, suchte er nach Möglichkeiten, die Besucherzahlen zu erhöhen. Der Erlebnisweg erschien als ideale Lösung, um mehr Menschen auf den Hof zu locken.
Zusätzlich zum bestehenden Angebot wie «Schule auf dem Bauernhof» und der Vermietung von Ferienwohnungen wollte Andreas ein attraktives Angebot schaffen, um Touristen an den etwas abseits gelegenen Standort zu locken. Entlang des Hügels neben seiner Haustür, quasi dem Hausberg, führt bereits ein bestehender Wanderweg, der einen beeindruckenden Ausblick auf die umliegenden Berge sowie das malerische Goldingertal bietet.
Teamwork
«Der Wald und der Weg, der bereits bis zum Bergrestaurant Farneralp führt, bot sich bis auf einige Stellen perfekt für einen Erlebnisweg an», erinnert sich Andreas. Zudem gab es bisher keine Feuerstellen entlang des Weges, weshalb die Wanderer oft inmitten des Weges ein Feuer entzündet haben. «Da dachte ich, das kann doch nicht sein, und mir wurde klar, dass ich das ändern wollte, denn Interesse bestand ja anscheinend», so Andreas. Er ergänzt: «Wir wollten ein rundes Erlebnis für die Besucher schaffen, wobei der Weg auf unserem Hof endet.»
Die Realisierung des Projekts «Landwirtschaft verbindet» war eine wahre Gemeinschaftsleistung und gestützt auf regionale Partnerschaften. Andreas Kindlimann berichtet, dass er beim Bau auf die tatkräftige Unterstützung vieler fleissiger Hände zählen konnte. «Ich hätte das natürlich nicht alleine bewältigen können. Bis ich die zehn Erlebnisstationen sowie Start und Ziel aufgestellt hätte, wären unzählige Stunden vergangen», erklärt er.
Hilfe vom Strickhof
In dieser Situation erinnerte er sich an seine Zeit an der Landwirtschaftsschule am Strickhof , wo er sich zum Agrotechniker weitergebildet hatte. Daraufhin nahm er Kontakt zum Lehrgangsgsleiter Dany Schulthess auf, der ihm sofort seine Unterstützung anbot. Jedes Jahr führt der Strickhof gemeinsam mit den angehenden Agrotechniker-Studenten und den Hofmitarbeitern ein SFK-Projekt (Sport, Führung und Kommunikation) durch, um den angehenden Technikern praktische Erfahrungen im Bereich Mitarbeiterführung zu ermöglichen.
Diese Gelegenheit nutzte Andreas, um mit Hilfe der Strickhof-Studenten und der Hofmitarbeiter die Erlebnisstationen entlang des Weges zu errichten. «Das war wie massgeschneidert für uns», sagt er zufrieden.
Interaktive Entdeckungen
Der Erlebnisweg startet oberhalb des TCS-Parkplatzes Chrinnen und führt hinauf zur Farneralp, vorbei an 10 Erlebnisstationen und einladenden Feuerstellen und Sitzgelegenheiten, wie einer Holzschaukel im Wald, hoch über dem Goldingertal. Die reine Wanderzeit beträgt etwa 1,25 Stunden und bietet eine ideale Mischung aus Bewegung, Naturgenuss und lehrreichen Zwischenstopps.
Die interaktiven Stationen entlang des Wegs bieten spannende Einblicke und wissenswerte Informationen und Fakten bezüglich der Natur, Umwelt und der Landwirtschaft. Zudem stellt jede Station Fragen, die es zu beantworten gilt. Wer alle Fragen richtig löst, erhält am Ende einen Code. Dieser Code berechtigt zu einem kleinen Präsent im Hofladen auf dem Chrinnenhof bei Kindlimanns. Nach einem erlebnisreichen Rundgang auf dem Erlebniswegs am Chrinnenhof setzte ich meine Fahrt auf der Herzroute fort.
-> Mehr zum Erlebnisweg gibt es hier
-> Mehr zur Ausbildung zum Agro-Techniker HF am Strickhof
Einen Einblick in den Erlebnisweg der Familie Kindlimann gibt es in diesem Video
Michelle unterwegs: Alle Etappen zum Nachlesen
1. Etappe: Matschige Stiefel und Kinderlachen
2. Etappe: Von der Chrüterei, zum Bier bis zum Käse
3. Etappe: Bei Übernahme Betrieb umstrukturiert
4. Etappe: Die transkantonale Aussichtsetappe
Über verschlungene Höhenlagen vom Sanktgallischen ins Züribiet finden, weit über den See blicken und langsam zur Hafenpromenade von Rapperswil gleiten.
Anscheinend hat es alles gebraucht, um die Zürcher von den Segnungen der Herzroute zu überzeugen. Der Kanton, der per Definition allen immer einen Schritt voraus ist, wollte partout nicht an die Glückseligkeit des genussvollen Radwanderns per E-Bike glauben. Glücklicherweise hat etwas regionaler Charme und sanktgallischer Pragmatismus geholfen, sodass man heute auf einer neu geschaffenen Höhenverbindung von einem Kanton in den anderen wechseln kann, die Augen auf den sich stetig aufweitenden Zürichsee gerichtet.
Streckenbeschrieb: Wattwil-Rapperswil 55 km, 850 Hm, sehr hügelig.
Die 4.Etappe führt von Wattwil nach Rapperswil.
zvg