Lesly und Simon Cathomas mit den beiden Söhnen Linus-Paulin und Claudius sind leidenschaftliche Braunvieh- und Engadinerschafzüchter: Nebst 53 Milchkühe und 33 Jungvieh, halten sie auch 20 Mutterschafe und 19 Lämmer zusammen mit Herdenschutz- und Hütehunden. Als Lesly nach einer schwierigen persönlichen Zeit mit ihrem Bus durch die Schweiz reiste, lernte sie ihren Mann Simon kennen. Heute würde sie ihren Job niemals mehr tauschen wollen.
Lesly ist auch leidenschaftlich gerne Hausfrau, Gärtnerin und zusammen mit Simon Mama und Papa. Die beiden könnten zwar unterschiedlicher nicht sein. Sie ergänzen sich aber unglaublich gut. Lesen Sie nun, wie die Cathomas’ zu ihrem Hof mit den rund 120 Tieren gekommen sind und warum ihr Mann Simon ein Fuchs ist.
Lesly, wie bist du in die Landwirtschaft geraten?
Ich bin im Herbst 2019 nach meinem Burnout und einer Langzeittherapie mit meiner Hündin Sady in die Schweiz gekommen. Ich wollte mit meinem Bus umherreisen und auf verschiedenen Höfen arbeiten, um jeden Bereich der Landwirtschaft kennenzulernen. Ich arbeitete auf einem Milchschafbetrieb, einem Mutterkuhbetrieb mit Legehennen und einem Pensionspferdehof. Auf meinem Weg lernte ich meinen Mann Simon kennen, und wir bekamen im Winter 2020 unseren ersten Sohn Linus-Paulin.
Ich hoffe sehr, wir machen nicht nur unsere Vorgängerin stolz, sondern auch unseren verstorbenen Vorgänger.
Und wie ging es dann weiter bei euch?
Nach dem Tod von Adrian Arpagaus im 2019 hat seine Frau Andrea nach Nachfolgern gesucht. Da wir uns bereits entschieden haben, einen Hof übernehmen zu wollen, haben wir uns gemeldet. Wir bekamen im Frühjahr 2021 die Chance, auf dem Betrieb mitzuhelfen und konnten ihn dann 2022 mit grosser Freude übernehmen. Im Jahr 2023 kam unser zweiter Sohn Claudius zur Welt. Wir arbeiten noch heute mit Andrea zusammen und tauschen uns täglich aus. Auch betreuen wir mit Stolz weiterhin einen Teil ihrer Tiere bei uns.
Der Betrieb «Cuschanera»
Tiere: 53 Milchkühe und 33 Jungvieh, 20 Mutterschafe und 19 Lämmer, 2 Herdenschutzhunde, 3 Border Collies, 1 Australian Shepherd und 4 Hofkatzen. Die Kühe und das Jungvieh sind grösstenteils im Sommer auf der Alp. Die Schafe sind mit den Hunden auf der Weide.
Fläche: 62 Hektar (Bergzone 3)
Betriebszweige: Braunvieh- und Engadinerschafzucht
Familie: Das Betriebsleiterehepaar Lesly und Simon mit den Söhnen Linus-Paulin und Claudius. Lesly besucht nebenbei noch die Bäuerinnenschule. Simon ist gelernter Landwirt. Ausserdem haben sie den ganzen Sommer über Jugendliche von Agriviva auf dem Betrieb. Sie beschäftigen zwei Mitarbeiter.
Betriebsübernahme: 2021 sind sie auf den Betrieb von Adrian und Andrea Arpagaus gekommen und haben ihn 2022 übernommen.
Welche Momente möchtest du nie eintauschen, die dir in deinem Tag auf dem Bauernhof begegnen und die einzigartig sind?
Die Tage, an denen die Kinder so liebevoll im Stall oder auf der Weide auf die Tiere zugehen, mit ihnen schmusen. Oder mit ihnen sprechen und ihnen das Futter geben. Sogar beim Schöppeln der Lämmer oder Kälber helfen sie gerne mit. Jede einzelne Geburt ist eine wahnsinnig tolle Erfahrung. Auch unsere Erfolge bei den Ausstellungen in der Braunviehzucht machen mich glücklich. Ich hoffe sehr, wir machen nicht nur unsere Vorgängerin stolz, sondern auch unseren verstorbenen Vorgänger.
Die Kleinen aufzuziehen, ist eine wahnsinnig tolle Erfahrung.
Was geniesst du am meisten?
Für mich ist das Wundervollste, wenn ich am Morgen mit einer Tasse Kaffee vor dem Stall sitze, der Hund links neben mir und die Katze auf dem Schoss liegt sowie die Sonne langsam aufgeht. Es tut meiner Seele unglaublich gut, diese Ruhe am Morgen oder auch am Abend, wenn ich alleine im Stall bin, alles noch schläft und ich die Tiere beobachte. Die Kleinen aufzuziehen, zu behüten und zu sehen, wie sich alles entwickelt, ist eine wahnsinnig tolle Erfahrung. Ich würde meinen Job niemals mehr tauschen wollen.
Und was ist mit der Zucht?
Die Zucht bedeutet uns sehr viel. Wir sind jeden Tag mit Leidenschaft dabei. Wir lernen täglich Neues und wachsen an jeder einzelnen Erfahrung. Mein eigener Chef zu sein, mit Kind und Kegel den Alltag zu meistern und mein Hobby zum Beruf gemacht zu haben, ohne es eigentlich geplant zu haben, ist für mich das Beste und Schönste, das ich mir je hätte erträumen können.
Was empfiehlst du jungen Menschen, die sich überlegen, ob sie eine landwirtschaftliche Ausbildung machen sollen?
Die landwirtschaftliche Ausbildung ist meiner Meinung nach eine der abwechslungsreichsten und bereicherndsten Ausbildungen. Man ist tagtäglich mit Mensch und Tier zusammen, lernt und wächst in allen Bereichen. Man lernt Teamarbeit und Familienzusammenhalt und trägt einen sehr grossen Teil dazu bei, die Bevölkerung mit Lebensmitteln zu versorgen. Mich persönlich macht das sehr stolz. Beurteilen kann ich aber nicht, für wen es die Ausbildung ist. Ich finde, jeder sollte mal seine Erfahrung machen. Auch wenn es nur ein kleines Praktikum ist.
Die landwirtschaftliche Ausbildung ist meiner Meinung nach eine der abwechslungsreichsten und bereicherndsten Ausbildungen.
Hast du auch eine landwirtschaftliche Ausbildung?
Ich durchlaufe selbst die Bäuerinnenschule und finde Fächer wie Haushaltsführung, Buchhaltung, landwirtschaftliches Recht oder Gartenbau sehr hilfreich für den bäuerlichen Alltag.
Wie sieht ihr die Zusammenarbeit mit Agriviva-Jugendlichen?
Wir sind froh, jungen Menschen die Erfahrung Landwirtschaft bieten zu können. Es macht Spass, junge Menschen bei ihrer Entwicklung zu begleiten und zu sehen, wie sie an ihren Erfahrungen wachsen.
Gibt es auch Schattenseiten oder belastende Situationen?
Natürlich gibt es auch Schattenseiten in der Landwirtschaft. Ob das ein krankes Tier ist oder eine Geburt, die nicht läuft, wie sie sollte. Auch der Tod begleitet einen immer mal wieder, und da muss man recht stark sein. Es ist nicht einfach, ein geliebtes Tier gehen zu lassen, wenn man Tag und Nacht für dessen Genesung gekämpft hat. Auch das Wetter spielt eine grosse Rolle, und wenn es nicht mitspielt, ist es mit der Heuernte sehr zäh.
Vor allem das Thema der Grossraubtiere beschäftigt uns als Familie sehr und wird oft belächelt von Menschen, die nicht hier im Berggebiet leben.
Kannst du das noch etwas ausführen?
Kosten für Maschinen oder den Tierarzt sind teilweise sehr unvorhersehbar und können einen auch oft mental belasten. Was mich oft ärgert, ist, dass ich noch nicht so viel Erfahrung habe und meinen Mann oft um Rat fragen muss. Das stört mich recht stark. Ich weiss aber, dass ich mit ihm einen sehr guten Lehrer habe. Nicht so gerne haben wir es, wenn wir durch Krankheit und Unfall Tiere verlieren. Sie sind unsere Familie. Büroarbeit und Regen beim Heuen sind Dinge, die brauchen wir nicht unbedingt.
Wenn du einen Wunschzettel hättest, um eine Sache in der Landwirtschaft zu ändern, was wäre das?
Mein Wunsch für die Landwirtschaft wäre, dass unsere Arbeit mehr angesehen und geschätzt wird. Wir sollten mehr Respekt bekommen für das, was wir mit grosser Leidenschaft tun, und nicht immer kritisiert werden. Vor allem das Thema der Grossraubtiere beschäftigt uns als Familie sehr. Man wird oft belächelt von Menschen, die nicht hier im Berggebiet leben. Wir hoffen, dass es bald eine Lösung dafür gibt.
Kannst du etwas, was dein Mann oder andere auf dem Betrieb nicht können, und umgekehrt?
Mein Mann ist ein Fuchs. Er erkennt jede Kuh nach kürzester Zeit am Euter, ohne sie lange gekannt zu haben. Auf der Alp hatte er immer 120 Kühe zu melken und wusste genau, wer welche ist und zu welchem Bauer sie gehört. Vor allem ist er derjenige, der in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf behält und nicht wie ich den Kopf gleich in den Sand steckt. Meine Stärke ist, dass ich 2019 von der Landwirtschaft keine Ahnung hatte und durch mein Burnout innerhalb kürzester Zeit ein ganz neues Berufsfeld kennen und lieben gelernt habe. Mittlerweile führe ich einen grossen Betrieb mit rund 120 Tieren zusammen mit meinem Mann.
Für welche Themen interessierst du dich im «Schweizer Bauer»?
Themen wie Agrarpolitik, Tiergesundheit und der Wolf sowie die Landfrau im Fokus.
Frauen in der Landwirtschaft
In der Serie über Frauen in der Landwirtschaft sind folgende Porträts schon erschienen:
-> Elisa Nunzi aus Soglio GR: «Sie erfüllt sich ihren Traum»
-> Martina Heuberger aus Deisswil bei Münchenbuchsee BE: «Das Landleben ist ihr Zuhause»
-> Barbara Dober aus aus Küssnacht am Rigi SZ: «Sie ist ihre eigene Chefin»
-> Nadine Alder, Landmaschinenmechanikerin bei Meier Maschinen: «Ihr Hobby ist Feldhäcksler fahren»
-> Ina Kiessling aus Reichenbach im Kandertal BE: «Sie ist mit Herzblut Schäferin»






















Kommentare (2)