Manipulieren, Theorie der Waffenbestandteile, Schiessen in der KD-Box, sowie auch im 300-Meter-Schiessstand: Das alles haben wir hinter uns. Darauf aufbauend ist das Gefechtsschiessen. Immerhin, auch wenn man dies immer wieder vergisst, wird für den Ernsteinsatz geübt. Da bringt stures KD-Box-schiessen nicht viel. Wie rückt man während dem Gefecht vor? Ist es nicht sicherer, an einem Ort zu bleiben? Wie wird als Zug am besten zusammengearbeitet?
Feuerunterstützung
Das lernten wir alles Schritt für Schritt. Zuerst mussten wir den Schiesshang herunterrennen, bei Deckungsmöglichkeiten anhalten, schiessen, auf Kommando weiterrennen. Ganz wichtig: Die Waffe sicherten wir jedes Mal, als wir vorrückten. Um ungewollte Schussabgaben zu vermeiden. Dies beruhigte einige Kameraden sehr, die vorher unserem Adjutanten ihr Bedenken geäussert haben. Auch ich hatte starken Respekt vor dieser Übung.
Danach übten wir die Feuerunterstützung. Wenn das eine Binom vorrücken möchte, wird es durch das andere Binom abgedeckt, durch Erhöhung der Schiessfrequenz. Ich fand es nicht ganz einfach, auf das Ziel fokussiert zu bleiben, ohne die Gefechtsmeldungen des anderen Binoms zu verpassen.
Pferd muss verarztet werden
Eine Woche später fand eine grössere Übung statt, mit allen Funktionen vereint: Hundeführer, Veterinärsoldaten, Trainsoldaten/ Patrouillenreiter. Es ging darum, mit den Pferden und schwererer Packung eine festgelegte Route zu laufen, um dann an einem bestimmten Ort zu biwakieren. Das Biwakieren als solches war nichts Neues, mit den Pferden war es das erste Mal. Somit gab es nicht nur eine Feuer- sondern auch eine Pferdewache.
Ich wurde früh für die Pferdewache eingeteilt, was ein Vorteil war, denn dann wurde man in der Nacht nicht geweckt und somit dem Schlaf im warmen Schlafsack entrissen. Die Hauptaufgabe hierbei ist es, den Pferden regelmässig Heu und Stroh vorzulegen und zu schauen, dass sie sich nicht gegenseitig verletzen, durch Bisse oder Ausschlagen. Konzentration ist hierbei gefragt. Ich würde behaupten, es ist ein Ding der Unmöglichkeit, alle Konfrontationen zwischen den Pferden zu verhindern. Eben war alles noch in Ordnung, schon legte ein Pferd die Ohren nach hinten, schlug mit den Hinterbeinen aus, verletzte das danebenstehende Pferd.
Da war sogleich klar: «Dieses Pferd kann nicht länger im Pferdebiwak bleiben, es muss bei den Stallungen verarztet werden!»
Es war eine turbulente Nacht
So kam es, dass das verletzte Pferd von einem WK-Soldaten mit einem Anhänger abgeholt wurde. Wieder bei den Stallungen angelangt, wurde es sogleich vom Veterinärarztoffizier behandelt. Ich assistierte dabei, danach half ich noch bei den Stallarbeiten, bevor ich wieder zum Biwakplatz gefahren wurde. Es war eine turbulente Nacht.
Die Biwaks werden genug früh aufgestellt, um unnötigen Stress zu sparen.
zvg
Nicht nur, wegen dem verletzten Pferd oder wegen meinen Atemproblemen beim Wischen des Stallganges: Während der Wundversorgung verletzte sich das Pferd noch einmal, was mich sehr ärgerte. Als wäre das nicht alles, wurde in dieser Nacht das Prüfungsergebnis der letzten Prüfung meines Agronomiestudiums, welche ich im August geschrieben habe, veröffentlicht. Dafür hatte ich in diesem Moment keinen Nerv mehr und nahm mir vor, das Resultat erst am nächsten Morgen anzusehen.
Alles wird kontrolliert
Als wir aufstanden, unsere Sachen zusammenpackten und die Pferde zum Aufbruch bereit machten, war es noch dunkel. Auf dem Weg zu den Stallungen wurde es allmählich heller und die Stimmung war gelassen. Nur das Klappern der Hufe war zu hören – was für ein angenehmes Geräusch! Zurück bei den Stallungen wurde die Übung besprochen, dann gab es noch eine Materialkontrolle. Schliesslich könnte in der morgendlichen Hektik etwas auf dem Waldboden liegengeblieben sein.
Militärischen Karriere, wie weiter?
Als wir damit beschäftigt waren, alle Sachen zu reorganisieren, konfrontierte mich ein Wachtmeister mit dem Fehler, den ich am Abend zuvor beim verletzten Pferd gemacht hatte. Es war mir bewusst, dass er sicherlich nicht mehr vorkommen darf, wusste aber auch nicht, welche Schlüsse ich daraus ziehen sollte. Musste ich lernen, besser mit Stress klarzukommen? Sollte ich mir bewusst länger Zeit nehmen und dies auch so kommunizieren? Liegt mir die Arbeit mit den Pferden eigentlich?
Auch wenn keine spezifische Übung stattfindet: Mit den Tieren ausgerückt wird jeden Tag.
zvg
Während ich meine Gedanken kreisen liess, bemerkte ich, dass das Prüfungsresultat nun online ist. Meine Stimmung konnte in diesem Moment sowieso nicht mehr schlechter werden, also schaute ich nach.
Eine 5! Das hätte ich in meinen kühnsten Träumen nicht erwartet! Eine Prüfung, die ich während der RS schrieb, mit einem solch guten Ergebnis abzuschliessen. Das bedeutet, dass ich mich nach der RS nur noch der Bachelorarbeit widmen muss und dann endlich mein Diplom erhalte. Doch wie geht es mit meiner militärischen Karriere weiter?
Bisher erschienene Beiträge :
Blog 1: Vom Hörsaal in die Kampfstiefel
Blog 2: «Wir schlafen mit dem Sturmgewehr»
Blog 3: «Soll ich ein Pferd oder Maultier nehmen?»
Blog 4: «Dieser Chrüppel lässt sich nicht aufhalftern!»
Blog 5: Soll ich meine Militärfunktion wechseln?
Blog 6: «Dumm nur, dass Victoire nicht einen schnelleren Gang einlegt»