Für eine Kostendeckung muss der Richtpreis für Brotgetreide deutlich nach oben. – Martin Wicki
Der Schweizer Ackerbau ist stark von den Kostensteigerungen auf Treibstoff und Dünger betroffen. Diese Kosten erhitzen zurzeit die Gemüter rund um die Richtpreisfindung für Brotgetreide der Ernte 2022. Um welchen Betrag müssen die Preise aus Eurer Sicht steigen, damit die Kosten gedeckt sind? Abstimmen und mitdiskutieren
In den vergangenen Monaten sind die Preise für Dünger, Treibstoff und andere Produktionsmittel massiv gestiegen. Das verteuert die Produktion von Nahrungsmitteln wie Getreide, Milch oder Fleisch.
SBV fordert eine Erhöhung um 10%
Der Schweizer Bauernverband hat bereits im Februar gefordert, dass die Preise steigen müssen. Der SBV verlangte damals eine umgehende Erhöhung von 5 Prozent. Für das Jahr 2023 forderte er zusätzliche Erlöse von mindestens fünf Prozent in der Tierproduktion und zehn Prozent im Pflanzenbau. Dies deshalb, um die höheren Kosten und Risiken der Umsetzung neuer Umweltauflagen abzufangen.
In einigen Bereichen konnten die Bauern bei Verhandlungen höhere Preise aushandeln, beispielsweise bei den Kartoffeln oder der Milch. Umstritten ist, insbesondere bei der Milch und dem Futtergetreide, ob das erzielte Resultat für die Landwirtinnen und Landwirte ausreicht, um die gestiegenen Kosten auffangen zu können.
Futtergetreide: Preis steigt um 3 Franken
Nach 12 Jahren werden 2022 die Richtpreise beim Futtergetreide erstmals erhöht. Die Preise steigen im Vergleich zum Vorjahr um 3 Fr./ 100 kg. Mit dem Aufschlag soll ein Teil der gestiegenen Produktionskosten der Getreideproduzenten abgefedert werden, teilte die Branchenorganisation Swiss Granum Mitte Mai mit. «Gleichzeitig führt dies aber zu Mehrkosten bei der Nutztierhaltung», hiess es in der Mitteilung weiter.
Für Landwirt Stefan Siegenthaler aus Düdingen FR sind die Preisverhandlungen zu niedrig ausgefallen. «Ich habe die Gerste für dieses Jahr gestrichen», sagt er gegenüber «Schweizer Bauer». Er taxiert die 3 Franken als viel zu tief. Mit dieser Einstellung ist er nicht allein.
«Braucht mindestens 8 Franken»
Ein Teil des Hintergrundes: Die internationalen Getreidemärkte stehen Kopf. Zuerst die Corona-Situation mit Einschränkungen in der Logistik, dann der Krieg in der Ukraine führten an den internationalen Handelsplätzen zu neuen Rekordmarken. Auf der anderen Seite steigen die Kosten für die Vorleistungen im Ackerbau auf bisher nicht da gewesene Höhen.
Für Ammonsalpeter 27% blättert man aktuell um die 90 Franken pro 100 kg hin, für Harnstoff 150 Franken, drei Mal mehr als noch vor einem Jahr. So macht der Dünger auch den grössten Anteil der Kostensteigerungen im Ackerbau aus. Ein Lohnunternehmer rechnet dem «Schweizer Bauer» vor, dass es mindestens 8 Franken mehr auf den ausbezahlten Brotweizenpreis braucht, damit pessimistisch gerechnet überhaupt die Kosten gedeckt sind.

Swiss Granum
Entscheid fällt am 28. Juni
Das sei aber das Minimum, schliesst er seine Rechnung ab. Heisst in absoluten Zahlen, dass der langjährige Richtpreis von 52 Franken pro 100 kg auf mindestens 60 Franken steigen muss, um diese Forderung zu erfüllen. Das Thema ist im Moment heiss. Der Richtpreis wird in genau einem Monat, am 28. Juni, von der Kommission Markt-Qualität Getreide von Swiss Granum festgelegt und publiziert.
Die Kommission umfasst 15 Mitglieder aus der gesamten Wertschöpfungskette rund um das Getreide. Nebst Fritz Rothen von IP-Suisse und Christian Oesch vom Verband der Schweizer Futtermittelfabrikanten ist Fritz Glauser als Präsident der Schweizer Getreideproduzenten dabei.
Die Richtpreise bewegen sich seit mehreren Jahren seitwärts. Seit 2014 haben sie sich nicht mehr verändert. Das mit einer Ausnahme: 2021 wurde aufgrund der guten Nachfragesituation der Ernterichtpreis für Dinkel um 2.- auf 58 Franken pro 100 Kilo erhöht.
Richtpreise (CHF/dt) für Brotgetreide der Ernte 2021:
- Weizen Top 52.00
- Weizen I 50.00
- Weizen II 49.00
- Weizen Biskuit 49.00
- Roggen 40.00
- Dinkel 58.00
SBV stützt Preisforderung
Der geforderte Preisaufschlag wird durch die Berechnungen des Schweizer Bauernverbandes (SBV) bestätigt. «Pro Hektare Brotweizen sind die Kosten um ca. 500 Franken gestiegen», erklärt Martin Rufer, Direktor des SBV. Bei einem Ertrag von 62,5 dt/ha Weizen Top entspricht dies auch plus 8 Fr. beim Richtpreis. Wenn die Preisspirale auf dem Weltmarkt weitergeht, ist Schweizer Getreide bald günstiger als EU-Weizen.
«Das kann doch nicht sein, angesichts unserer Kosten und Vorschriften», empört sich Landwirt Stefan Siegenthaler und fügt an: «Die Schweizer Konsumenten müssen nun endgültig mehr Prozente ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben.»
Was denkt Ihr, liebe Leserinnen und Leser? Wie hoch muss der Anstieg beim Brotgetreide ausfallen? Stimmt ab und diskutiert mit
Über Swiss Granum
Swiss Granum ist die Schweizerische Branchenorganisation Getreide, Ölsaaten und Eiweisspflanzen. Sie vereint die verschiedenen Dachorganisationen der Schweizer Wertschöpfungskette – von der Produktion bis zur Verteilung, über die verschiedenen Stufen der Verarbeitung und des Handels. Die Branchenorganisation zählt 17 Mitgliederorganisationen, welche auf vier Interessengruppen verteilt sind.