Bekannt wurde das Engagement von Newlat durch eine Offenlegungsmeldung der Schweizer Börse vom Dienstag. Demnach hat Newlat knapp 11 Prozent an Hochdorf gekauft. Das italienische Unternehmen, das an der Mailänder Börse kotiert ist und etwas über 793 Millionen Euro (776 Mio. Fr.) Umsatz im Jahr macht, verfolgt mit der Beteiligung an Hochdorf strategische Interessen.
Kauf oder Neustart
So teile das Unternehmen auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP mit, dass das Geschäft von Hochdorf «natürlich komplementär» mit der eigenen Specialised-Nutrition-Geschäftseinheit sei, welche gemäss eigenen Angaben die einzige Säuglingsmilchpulverfabrik in Italien betreibt. Hochdorf wiederum stellt hauptsächlich Milchpulver und Babynahrung her. In der Schweiz ist namentlich die Marke Bimbosan bekannt.
Newlat Food
Newlat Food entstand 2004. Das Kerngeschäft liegt in der Landwirtschaft und Ernährungsbranche. Das Unternehmen zählt nach eigenen Angaben zu den wichtigsten Produktionsfirmen Italiens. Newlat ist mit den Marken in den Bereichen Molkereiprodukte, Teigwaren und Backwaren sichtbar. Newlat beschäftigt 1500 Mitarbeitende und verfügt unter anderem über 5 Werke im Bereich Teigwaren, über 7 Werke im Bereich Milchverarbeitung und über ein Werk im Bereich Babynahrung. Die Produktionskapazität liegt bei 450’000 Tonnen Milch und 430’000 Tonnen Pasta. Die Werke befinden sich in Italien (14), Grossbritannien (4), Deutschland (1) und Frankreich (1).
Newlat schreibt in der Stellungnahme, dass der Einstieg bei Hochdorf auf eine potenzielle Restrukturierung von Hochdorf abziele. Man prüfe einerseits die Möglichkeit eines Neustarts der Hochdorf-Gruppe, andererseits aber auch den Kauf des operativen Geschäfts.
Hochdorf leidet unter Altlasten
Tatsächlich ist das Management von Hochdorf auf der Suche nach einem Käufer für sein Geschäft. Es hat Anfang März offen kommuniziert, dass eine Sanierung des Unternehmens aus eigener Kraft nicht mehr möglich sei und man daher das operative Geschäft veräussern wolle.
Hochdorf schrieb 2023 zwar operativ wieder schwarze Zahlen, das Unternehmen mit aktuell rund 350 Mitarbeitenden hat aber schwere finanzielle Altlasten. Die schwierige Situation begann mit der Übernahme des Babynahrungsvermarkters Pharmalys, dessen Mehrheit Hochdorf 2016 erworben hatte. 2019 verkaufte das Unternehmen die Tochter zu einem tieferen Preis wieder an den ursprünglichen Besitzer und Hochdorf-Grossaktionär Amir Mechria zurück – mit entsprechendem finanziellen Schaden.
Zudem lud sich das Unternehmen 2017 mit einer Hybridanleihe hohe Schulden und Zinszahlungen in Höhe von rund 140 Millionen Franken auf, und auch verschiedene Versuche der Neuausrichtung brachten keinen Erfolg. So wollte Hochdorf beispielsweise nach China expandieren – ein Plan, der inzwischen jedoch als gescheitert betrachtet wird.
Revitalisierungsplan für Gruppe
Was genau Newlat vor hat, ist noch nicht bekannt. Gegenüber AWP liess der Konzern verlauten, man erwäge, der Generalversammlung einen Vertreter für den Verwaltungsrat vorzuschlagen. Zudem wolle man in Kürze dem Management von Hochdorf ein Revitalisierungsprojekt vorlegen, in dem detaillierte Pläne für eine Wiederbelebung des Unternehmens skizziert würden.
ZMP zweitgrösster Aktionär
Die Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) sind ein gewichtiger Aktionär der Hochdorf Holding. Über die ZMP Invest AG besitzen die ZMP knapp 18 Prozent der Gruppe. Hinter Amir Mechria (20,7%), dem Chef des Zuger Babynahrungsherstellers und Hochdorf-Grosskunden Pharmalys, sind sie damit zweitgrösster Aktionär. Die ZMP sind zudem Mehrheitsaktionär der Emmi (53 Prozent).
Weitere grössere Aktienpakete an Hochdorf halten der Bermont Master Fund (CI) LP aus Georgetown auf den Cayman Islands mit 14,55% und die Innovent Holding AG, M. Weiss & Co AG und Familie Weiss aus Wollerau SZ. Neu stösst nun die Newlat-Gruppe hinzu.
Hochdorf selbst gibt sich noch bedeckt zum Einstieg von Newlat: Auf Anfrage gab die Unternehmenskommunikation lediglich zu Protokoll, der Verwaltungsrat nehme die Veränderung in der Aktionärsstruktur zur Kenntnis. «Der Prozess der Verkaufsgespräche läuft unverändert weiter. Es sind noch keine Entscheide gefallen», so eine Sprecherin.
Die Newlat Group ist ein italienischer Hersteller von Pasta, Backwaren sowie Molkereiprodukten mit Sitz in Reggio Emilia.
Newlat
Börsenkurs schnellt in die Höhe
Einen schnellen Effekt hatte der Einstieg von Newlat allerdings: An der Börse hat der Aktienkurs des schlingernden Schweizer Milchverarbeiters einen Sprung gemacht. Die Aktie von Hochdorf hat sich bis am Nachmittag auf 5,04 verteuert und war damit rund dreieinhalbmal so teuer wie noch am Vorabend.
Allerdings hat die Hochdorf-Aktie in den letzten Jahren aufgrund der wirtschaftlichen Situation von Hochdorf massiv an Wert eingebüsst. 2017 kostete sie noch über 300 Franken.
Mehr Umsatz, weniger Verlust
Der Umsatz bei Hochdorf stieg im vergangenen Jahr um 5,4 Prozent auf 307,8 Millionen Franken. Dazu beigetragen hat ein markantes Wachstum im Geschäftsbereich Infant Nutrition (Babynahrung) von 29,7 Prozent auf 103 Mio. Fr. Der Bereich Food Solutions (Milchpulver) verlor hingegen 3,7 Prozent und erreichte einen Umsatz von 204 Mio. Fr.
Im Bereich Food Solutions (Milchpulverprodukte) hingegen ging zurück. Hochdorf führt das auf den Milchpreis zurück. «Die 2023 wieder deutlich erhöhte Differenz zwischen den Schweizer Richtpreisen für Milch, den Notierungen in der EU und eine entsprechende Verzögerung beim Export-Preisausgleichs-Mechanismus der Milchbranche belasteten dabei das Ergebnis», so Hochdorf.
Beim operativen Gewinn auf Stufe EBIDA resultierte ein Plus von 7,8 Millionen Franken nach einen Minus von 10,1 Millionen Franken im Vorjahr. Nach Abschreibungen auf Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte (EBIT) stand nach wie vor ein Verlust zu Buche. Dieser war mit 3,9 Millionen Franken allerdings weniger hoch als im Vorjahr (20,1 Mio). Unter dem Strich resultierte ein Verlust von 10,2 Millionen nach 15,8 Millionen im Vorjahr.Das operative Geschäft verbrannte zudem nicht länger Geld, sondern generierte erstmals seit 2017 wieder einen positiven Cashflow von 13,8 Millionen.
Verkaufsabsichten Anfang März bekanntgegeben
Anfang März gab Hochdorf bekannt, dass es einen Verkauf anstrebt. Zur Debatte stünden verschiedene Optionen. Der Fokus liege auf einem Verkauf oder Teilverkauf, wobei der Zusammenhalt des operativen Geschäfts angestrebt werde, hiess es damals.
Hochdorf verfüge über ein tragfähiges Geschäftsmodell – das habe die positive operative Entwicklung der vergangenen zwei Jahre bestätigt, hiess es weiter. Management und Verwaltungsrat werden «gemeinsam alles daransetzen, dass das Geschäft auf einer nachhaltigen finanziellen Grundlage weitergeführt und die Arbeitsplätze erhalten werden können».
Standort Hochdorf wird geschlossen
Um auf das Überleben zu sichern, hat sich das Unternehmen einer Transformation unterzogen. Im September 2023 gab Hochdorf bekannt, den Produktionsstandort in Hochdorf LU im Jahr 2026 zu schliessen. Es sollen nur jene Anlagen in Sulgen TG wiederaufgebaut werden, die für den Bereich Babynahrung nötig sind. Rund 40 Stellen fallen weg. Die Schliessung von Hochdorf wurde bereits im August 2021 angekündigt. Ursprünglich hätte dieser Plan schon 2023 in die Tat umgesetzt werden sollen, war dann aber aufgeschoben worden.
Die Konzentration auf den Standort im Kanton Thurgau wird mit der Strategie begründet. Der Schritt ist eine Fortsetzung zum «international wettbewerbsfähigen Kompetenzzentrum für Schweizer Babynahrung, hochmargige Milchpulverspezialitäten und Molkeveredlung.» Hochdorf will sich so «ergänzend zu den traditionellen Molkereien» in der Schweiz positionieren.
Auf der anderen Seite sollten aber auch neue Einnahmen erschlossen werden, etwa mit dem angestrebten Eintritt in den US-Markt im kommenden Jahr.
Endlich kommt einwenig Schwung in die Milchbranche! Die wollen sicherlich höhere Milchmengen wie bisher, somit müssen wir grössere Betriebe und bessere Milchleistungen bringen. Optimieren auf unseren Betriebenen lautet die Devise in Zukunft! Es wird lustig und spannend.