Nach langer Bedenkzeit entscheide ich mich: Ich wechsle zum Veterinärzug. Der Wechsel erfolgt während der Vorbereitungswoche für den Tag der Angehörigen. Ich hätte nicht gedacht, dass die Vorbereitungszeit so intensiv sei. Im Hinblick darauf, was den Besucher*innen zu sehen geboten wird, liegt sie jedoch im Rahmen.
Vor allem beim Veterinärzug gibt es viel Anschaumaterial, das aufgestellt werden muss. In drei Zelten kann man sich über die Aufgaben von Veterinärsoldaten informieren: Einige von unserem Zug erklären den Verbandswechsel, andere demonstrieren einen Seuchenbekämpfungseinsatz. In einer Diashow sind in einer Endlosschlaufe Fotos von Übungen während der RS zu sehen.
Kann Theorie schnell aufholen
Die Aufgabe einer Kameradin und mir ist es, die Sterilisationsstrasse zu erklären. Ein Sprung ins kalte Wasser, muss ich gestehen, schliesslich habe ich mich selbst noch nie damit befasst. Aber wer in ein Gewässer springt, der kann in der Regel schwimmen – für meine Situation bedeutet dies: Ich weiss, dass ich die notwendige Theorie schnell aufholen kann, schliesslich habe ich mich drei Jahre zuvor fast täglich mit theoretischem Wissen befasst.
Deshalb eine kurze Zusammenfassung zur Sterilisationsstrasse: Dieser Begriff bezeichnet den Prozess des Desinfizierens und Sterilisierens von Operationsinstrumenten. Diese sind danach wieder bereit für den nächsten Einsatz. Zu Beginn ist es wichtig, das mit Blut und anderen Körperflüssigkeiten verunreinigte OP-Instrument grob zu reinigen. Im Ultraschallreinigungsgerät wird es anschliessend desinfiziert, in kaltem Osmosewasser und Desinfektionsmittel (Gigasept). Das Wasser muss kalt sein, damit das Blut nicht koaguliert. Genauer: Damit das Eiweiss im Blut nicht zu ausflocken beginnt, wie beim Spiegelei in der Pfanne. Ansonsten wäre die Reinigung erschwert.
Nach diesem Vorgang ist die Keimzahl reduziert. Um das OP-Instrument 100% keimfrei zu bekommen, muss es anschliessend im Autoklav sterilisiert werden. Mit Etiketten, die ihre Farbe verändern, kann überprüft werden, ob der Vorgang erfolgreich war. Dann muss es nur noch in Sterilisationsbehälter abgepackt werden, mit Datum, wann dies stattgefunden hat.
Wird das OP-Instrument während der Operation nochmals gebraucht, wird es selbstverständlich nicht abgepackt.
Wir haben den besten Tag der Angehörigen
wIch erkläre den vorbeilaufenden Personen gerne, wie der ganze Prozess funktioniert. Vor allem zeigen sich die meisten sehr interessiert. Mit einem auf Französisch verfassten Text versuche ich unseren Posten für möglichst viele Besuchende profitabel zu gestalten. Auf Fragen konnte ich zwar nicht wirklich eingehen, aber der Wille zählt – das genügt.
Die «Darbietungen» anderer Züge begeistern mich. Beispielsweise diejenige der Hundeführersoldaten. Sie stellen auf vielfältige Arten dar, wie sie ihre Schutzhunde einsetzen können. Die Fahrzeugkontrolle, demonstriert auf dem Reitplatz, imponiert sehr. Auch meine ehemaligen Kameraden des Trainzugs stellen dem Publikum ihre Funktion verlockend dar. Bei ihnen steht Tradition im Fokus, mit Berghäuschen und Akkordeon, später laufen sie mit Treicheln durch die Menschenmenge. «Das esch äbe Train.»
Ich glaube wirklich, dass unsere Kaserne den besten Tag der Angehörigen (TdA) anbietet.
Die letzte grosse Übung
Eine Woche nach dem TdA findet die letzte grosse Übung vor der Verlegung, dem letzten Teil der RS, statt. Alle Züge sind involviert. In dieser Übung «CHARLIE» wird ein Angriff auf die Kaserne simuliert. Zuerst ist die Alarmstufe auf «ALPHA», dann «BRAVO», gegen Ende der Übung erhöht sich die Bedrohungslage – Stufe «CHARLIE».
Wir sind in Binomen eingeteilt, haben Tag- und Nachtschichten. Diese Schichten verlängern sich im Laufe der Übung. So kommt es, dass unsere Gruppe nachts ein Gebäude für sechs Stunden bewachen muss. Mit der Splitterschutzweste. An einem anderen Tag müssen wir eine festgelegte Route bestreiten und regelmässig funken, wenn wir bestimmte Standorte passieren.
Ziel dieser Übung ist es, in Stresssituationen angemessen zu handeln. Es ist nämlich genau vorgeschrieben, welche Mittel in welcher Bedrohungslage eingesetzt werden dürfen. Dazu erhielten wir Pocket-Cards der «Rules of Engagement» (ROE), auf denen die Verhaltens- und Einsatzregeln genau bestimmt sind.
«Bei mir immer tote Hose»
Immer wieder höre ich von heftigen Auseinandersetzungen zwischen den «Angreifern» und unserer Kompanie. Unsere Wachtmeister und weitere, externe Personen legen sich sehr ins Zeug, möglichst anspruchsvolle Taktiken anzuwenden. Beispielsweise wurde ein Hundeführer aus dem Hinterhalt angegriffen und entführt.
An meinen Standorten, die ich bewachen muss, hingegen, ist immer tote Hose. Ich bin bei keiner Angriffssequenz involviert.
Ich bin schon jetzt gespannt darauf, wie die Verlegung sein wird. Scheinbar verbringen wir einen Teil davon im Tessin!
Bisher erschienene Beiträge :
Blog 1: Vom Hörsaal in die Kampfstiefel
Blog 2: «Wir schlafen mit dem Sturmgewehr»
Blog 3: «Soll ich ein Pferd oder Maultier nehmen?»
Blog 4: «Dieser Chrüppel lässt sich nicht aufhalftern!»
Blog 5: Soll ich meine Militärfunktion wechseln?
Blog 6: «Dumm nur, dass Victoire nicht einen schnelleren Gang einlegt»