Haben Sie sich auch schon gefragt, warum die Zeit so schnell vergeht und was die Erkenntnis daraus Ihnen bringen könnte? Ich diesem Blogeintrag gehe ich dem Thema nach.
Der Acker wurde gepflügt, geeggt, bepflanzt, besät, gepflegt, schliesslich geerntet und mit den letzten Fruchtarten bestellt. Das Winterfutter ist im Stall, das Gülleloch wird geleert und schon bald sind die Maschinen eingewintert. Die Tage werden kürzer und kälter und hoho, der Weihnachtsmann ist da!
Relativitätstheorie
Der November neigt sich dem Ende zu und wie jedes Jahr, kann man es kaum fassen, wie schnell es vorbeiging und man wird demütig im Wissen darum, dass alles irgendwann ein Ende hat. Eine fast schmerzliche Erkenntnis, die uns beschleicht, sobald sich die Natur in den Winterschlaf verabschiedet. Doch, warum meinen wir eigentlich, dass die Zeit, je älter wir werden immer schneller vergeht, und was kann uns diese Erkenntnis bringen?
Schon Einstein hat gesagt, Zeit und Raum sind relativ, alles im Leben ist relativ. Aber die Auswirkungen seiner Relativitätstheorie für unseren Alltag sind verschwindend klein, denn diese kommen erst zum Tragen, wenn wir in die Nähe von Lichtgeschwindigkeit und enormer Entfernung kommen. Eine Ausnahme jedoch ist, das Navigationssystem des Autos, welches mit den Satelliten durch Signale in Kommunikation tritt und ermöglicht, dass wir nicht nur eine Stadt, sondern punktgenau unser Hotel finden.
Emotionale Ereignisse
Also, lassen wir diese komplizierte Theorie mal aussen vor und betrachten eine Arbeit zu diesem Thema, die von zwei findigen Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts aus dem Jahre 2011, geschrieben wurde. Sie nehmen nämlich an , «…dass die wahrgenommene Dauer vergangener Ereignisse stark mit der Menge neuer kognitiver Erfahrungen zusammenhängt, die wir im Rahmen dieses Ereignisses gemacht haben. Je mehr neue Emotionen oder ungewöhnliche Empfindungen im Spiel sind, desto mehr «Speicherplatz» wird benötigt, um die entsprechenden Erinnerungen aufzuzeichnen. Diese nehmen mehr Raum im Gehirn ein und das dazugehörige Ereignis kommt uns somit länger vor.»
Als Kinder lernten wir viele neue Dinge, Weihnachten zum Beispiel haben wir nicht bereits zum 50sten Mal gefeiert, deshalb kamen uns die Festtage auch viel länger vor. Starke, emotionale Ereignisse hinterlassen ein längeres Empfinden der Zeitspanne.
Beatrice Blaser berichtet einmal pro Monat in ihrer Kolumne, was sie beschäftigt.
zvg
Routine
Und nun zum Umkehrschluss dieser Arbeit: wenn ich zum tausendsten Mal die herumliegenden Spielsachen, Socken, Sporttaschen, Schuhe, Schoggipapierli, zusammensammle, für neun Personen ein Menu auf den Tisch zaubere, den Abwasch mache, die Abwaschmaschine ein- und ausräume (das im Schnitt dreimal am Tag), die Kleider für die Abwaschmaschine (und das Rote Kreuz) zusammensuche, dann aufhänge, falte und versorge den Job der Taxichauffeuse für diverse Sporttrainings, -turniere Geburtstage und sonstige Events übernehme, Altpapier, Glas, Pet entsorge, bei Hausaufgaben helfe, zuhöre, ermutige, tröste, erziehe, dann Abendessen auftische, wegräume, Kinder ins Bett bringe, mit meinem Mann den Tag Révue passieren lasse, schlafen gehe, und am nächsten Tag wieder aufstehe und dasselbe Schauspiel wiederhole , dann passiert folgendes mit meinem Zeitempfinden: «Ein Tag voller Routine etwa, an dem sich aus Sicht des Gehirns nichts aussergewöhnlich Neues ereignet, ist wenig «bemerkenswert» hinterlässt also nur wenige Erinnerungen und kommt uns deshalb im Nachhinein auch kurz vor», so die Wissenschaftler. Volià, da haben wirs! Und das ständige Abdriften in Gedankenschlaufen weg vom «Hier und Jetzt», eine «Unart», die Kinder kaum kennen, verstärkt diese Wahrnehmung.
Was soll Beatrice Blaser recherchieren?
Beatrice Blaser schreibt monatlich eine Kolumne für schweizerbauer.ch. Welches Thema brennt Euch unter den Nägeln, was bewegt Euch? Sendet uns Eure Vorschläge. Wir werden Beatrice Blaser Eure Vorschläge weiterleiten. Wir freuen uns auf Eure Einsendungen. Bitte sendet die Vorschläge an [email protected] .
Schwung in Alltag bringen
Nun, was ziehen wir jetzt für uns aus diesen Erkenntnissen um die Zeit zu «verlängern»? Vielleicht, dass wir unser Gehirn immer wieder neu fordern und Erlebnisse schaffen, die uns mit Freude und Kreativität erfüllen. Warum im kommenden Winter nicht mal eine neue Sprache lernen und den Liebsten, die Liebste auf Italienisch «verführen», in einem Tango-, Jodler- oder Schachkurs seine linke und rechte Hirnhälfte richtig fördern und fordern oder einen Austauschstudenten aus der Mongolei aufnehmen.
Um Schwung in den Alltag zu bringen, bestellen Sie für ihre Mannschaft zum Mittag mal ein paar Pizzas und gehen mit Kollegen:innen gemütlich essen, waschen einen knallroten Pulli mit den weissen Socken ihres Teenies («Sorry, den habe ich nicht gesehen, genauso wenig, wie du deine herumliegenden Socken»), singen lauthals zu ihrer Lieblingsmusik während Ihrem Taxidienst und feiern Ihren Geburtstag im Whirlpool mit Sicht auf die Alpen.
Geniessen Sie die wertvolle Lebenszeit, und nicht vergessen, alles ist relativ.
Blog Beatrice Blaser
Die bereits erschienenen Blog-Einträge von Beatrice Blaser findet Ihr hier
Teil 1: Was ein Investmentbanker auf dem Hof lernen könnte
Teil 2: Wie viel Ferien Bauernfamilien machen
Teil 3: Hitzestress auf allen Ebenen
Teil 4: Was Pilze, Produzenten und Politiker gemeinsam haben