Das Bezirksgericht Arbon muss die Hauptvorwürfe gegen den angeklagten Pferdezüchter aus Hefenhofen neu verhandeln. Das entschied das Thurgauer Obergericht, wie es am Dienstag in einer Mitteilung schrieb. Die Beweismittel gegen den ehemaligen Pferdehändler dürften somit verwendet werden.
Das damalige Einschreiten des Veterinäramts sei angezeigt gewesen. Das Gericht entschied nun auch, die bei der Hofräumung involvierten Veterinärbeamte sowie weitere Personen sollen vom Gericht befragt werden.
Beweise verwertbar
Nicht verwertet werden könnten jedoch gefundene Beweise, welche die Polizei bei einer Hausdurchsuchung während der Hofräumung sichergestellt hatte, schrieb das Thurgauer Obergericht in ihrer Mitteilung weiter. Die Polizei habe Bestimmungen der Strafprozessordnung nicht eingehalten.
Die restlichen von den kantonalen Behörden wie etwa dem Veterinäramt erhobenen Beweise sind für das Obergericht jedoch verwertbar. Mit diesen hatte sich das Bezirksgericht Arbon noch nicht detailliert auseinandergesetzt. Daher wird es die Hauptanklagepunkte neu verhandeln müssen.
Damit wird der Berufungsprozess am Thurgauer Obergericht nach Verhandlung der Vorfragen unterbrochen und geht mit der Rückweisung ans Bezirksgericht zurück auf Feld eins. Der Entscheid ist nicht rechtskräftig.
Tiere wurden versteigert
Der Tierschutzfall Hefenhofen erreichte im Sommer 2017 seinen Höhepunkt. In den Medien kursierten Fotos von abgemagerten und toten, im Dreck liegender Pferde auf dem Hof des wegen Tierquälerei vorbestraften Landwirts, der seit Jahren im Streit mit den Behörden lag. Die Bilder soll eine ehemals auf dem Hof tätige Frau gemacht haben, die den Bauern anzeigte.
Der Druck von Tierschutzaktivisten und Medien auf die Behörden stieg täglich. Schliesslich räumten sie den Hof. Mit Hilfe der Armee wurden unter anderem rund 90 Pferde beschlagnahmt, die meisten später versteigert.
Hof zwangsgeräumt
Der Hof Hefenhofen wurde im November 2024 zwangsgeräumt. Im Dezember 2023 versteigerte das Betreibungsamt Wohnhaus und Weideland an einen Gemüseproduzenten aus Österreich.
Grund für die Zwangsversteigerungen waren Schulden des mit einem Tierhalteverbot belegten Landwirts. Der ehemalige Pferdebesitzer weigerte sich jedoch, den Hof zu verlassen.
Anfang September hat 2024 das Bezirksgericht Arbon hat die Hofräumung des Landwirts und ehemaligen Pferdezüchters aus Hefenhofen TG veranlasst. Der Landwirt wurde im Amtsblatt angewiesen, die von ihm bewohnte Liegenschaft bis 16. September zu räumen und zu verlassen. Der Entscheid war aber noch nicht rechtskräftig. Der Landwirt hatte zehn Tage Zeit, beim Thurgauer Obergericht dagegen Berufung einzulegen.
Räumungsklage eingereicht
Diese Frist liess er verstreichen lassen, wie die «Thurgauer Zeitung» Ende September berichtete. Die neuen Besitzer, Karolina und Stefan Müssigang aus Österreich, haben das Recht, Ulrich K. vom Hof zu weisen. Wegen ungedeckter Ausstände versteigerte das Betreibungsamt des Bezirks Arbon im Dezember 2023 den Hof des Bauern samt Wohnhaus und Weideland für 1,83 Millionen Franken an die Familie Müssigang. Diese besitzt einen Gemüsebaubetrieb in der Nähe von Innsbruck.
Der ehemalige Pferdezüchter weigerte sich jedoch, den Hof zu verlassen. Deshalb haben die neuen Besitzer im August 2024 eine Räumungsklage eingereicht . Wie die «Thurgauer Zeitung» weiter berichtete, haben die Hausbesitzer das Recht haben, den Entscheid der Mieterausweisung nach Ablauf der Frist vom 16. September 2024 mit polizeilicher Vollstreckung durchzusetzen.
Wollen Gemüse anbauen
Wie es auf der Website von genussregion.at heisst , hat sich die Familie Müssigang in Hall bei Innsbruck auf verschiedene Gemüsearten von Blattsalat, Karotten, Sellerie bis hin zu Karfiol und Radieschen spezialisiert. Beliefert wird der Detailhandel.
Weshalb hat sich die Familie für den Betrieb interessiert? ««Ausschlaggebend für uns war die Grösse des Landes», sagten Stefan und Karolina Müssigang im Dezember 2023 zum Onlineportal 20min. Die Bauernfamilie will auf dem Betrieb künftig Gemüse anbauen. Und sie sehen ihre Zukunft in der Schweiz. Sie hätten schon seit längerer Zeit nach einem Hof in der Schweiz umgeschaut. Zuerst wollen sie die Liegenschaft umbauen. Er habe sich «in die Schweizer Mentalität» verliebt, sagte er weiter zu «20 Minuten». Alle Formalitäten sind laut dem Österreicher mit dem Thurgauer Landwirtschaftsamt geklärt. blu
Staatsanwaltschaft zog den Fall weiter
Das Bezirksgericht bewertete 2023 die meisten bei der Hofräumung erhobenen Beweise gegen den Pferdezüchter als nicht verwertbar. Auch die Fotos von stark vernachlässigten Pferden hielten für die Richter als Beweis nicht stand. Sie sprachen den Pferdezüchter in den meisten Punkten frei.
Die Staatsanwaltschaft hatte wegen mehrfacher Tierquälerei und zahlreichen weiteren Delikten eine Freiheitsstrafe von 6,5 Jahren gefordert. Sie zog die Freisprüche weiter und stellte sich auf den Standpunkt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Arbon korrigiert werden muss. Auch verlangte sie vor Obergericht, dass zahlreiche Auskunftspersonen zum damals angetroffenen Zustand des Hofs befragt werden.
Der Anwalt des Pferdezüchters wies das Obergericht hingegen darauf hin , dass die Hofräumung sowie die Beschlagnahmung und der Verkauf aller Tiere seines Mandanten unverhältnismässig gewesen seien. Sämtliche Beweise, mit denen versucht werde, den Pferdezüchter zu verurteilten, seien wegen Verfahrensfehler nicht verwertbar.
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