Vor einem Jahr wurde der Hof Le Creux von Werner Schüttel versteigert. Der Ersteigerer ist ein Nichtlandwirt. Schüttel bauert nach wie vor auf dem Hof, eine Abrechnung fehlt. Kurzzeitig galt wieder er als Eigentümer.
Am 15. Mai 2023 bekam Landwirt Werner Schüttel die Meldung, dass auf dem Geoportal beim 64-Hektaren-Hof Le Creux nicht mehr der Ersteigerer aus dem Kanton Bern eingetragen ist, sondern wieder er selbst. Das war für Schüttel eine sensationelle Meldung!
Hatte doch sein Rechtsanwalt eben erst, es war am 5. Mai, beim Regionalgericht eine sechsseitige Klageantwort eingereicht und darin auch dargelegt, warum die Zuweisung an den Ersteigerer aus dem Kanton Bern dem Bäuerlichen Bodenrecht widerspreche und deshalb illegal sei. Schüttel wies den Schreibenden darauf hin, dieser machte am 16. Mai einen Screenshot mit Schüttel als Eigentümer im Geoportal. Bei früheren Besuchen des Geoportals im vergangenen Jahr war immer der Ersteigerer dort zu sehen gewesen.
Laut Amt war es IT-Panne
Am Sonntag stellte Schüttel fest, dass alles wieder anders war. Er war wieder draussen. Der «Schweizer Bauer» fragte beim Leiter des kantonalen Grundbuchamts nach, was da los sei. Dieser erklärt es mit einer Verkettung unglücklicher Umstände. Wegen einer Datenmigration in der IT seien zwischen dem 15. Mai, 12 Uhr, und dem Abend des 16. Mai im Geoportal alte Daten angezeigt worden. Daten, die nicht der juristischen Realität in diesem Moment entsprochen hätten.
Im Grundbuch selbst sei nichts geändert worden. Seit dem 9. Juni 2022 sei dort der Berner als Eigentümer eingetragen, und das sei er auch weiterhin, so der Leiter der Behörde. Schüttel will diese Antwort nicht glauben und sieht darin eine Schutzbehauptung. Für ihn ist das Hin und Her ein weiteres Indiz dafür, dass es in seinem Fall nicht mit rechten Dingen zu- und hergeht.
Printscreen Schweizmobil/Swisstopo
Schüttel noch keine Abrechnung
Er sagt, obwohl die Versteigerung, die am 20. Mai 2022 stattgefunden habe, mittlerweile ein Jahr her sei, habe er bis zum heutigen Tag keine Abrechnung erhalten. Das Betreibungsamt in La Chaux-de-Fonds erklärt die Verzögerung auf Anfrage des «Schweizer Bauer» mit der Berechnung der Grundstückgewinnsteuer.
Schüttel berichtet, am 6. April habe er das Betreibungsamt persönlich aufgesucht und um eine Abrechnung gebeten oder mindestens um einen Beleg dafür, dass der Ersteigerer die 1,45 Mio. Fr. bezahlt habe. Man habe ihm beides nicht gegeben. Warum, blieb unklar.
Der Ersteigerer ist kein Selbstbewirtschafter
Schüttel weigert sich, den Hof zu verlassen. «Erstens ist bei mir keine behördliche Räumungsklage eingetroffen. Zweitens habe ich nicht einmal eine Abrechnung erhalten.» Drittens habe sein Anwalt gegenüber dem Gericht dargelegt, dass der Ersteigerer – ein 79-jähriger «Nichtlandwirt», wie er sich im Mai 2022 auf Facebook selbst bezeichnete – kein Selbstbewirtschafter sei und die Zuweisung an ihn darum den Prinzipien des Bäuerlichen Bodenrechts widerspreche.
Daniel Salzmann
War es Rechtsmissbrauch?
Der «Schweizer Bauer» geht davon aus, dass der Ersteigerer die Erwerbsbewilligung vom Kanton mit Verweis auf Artikel 64 Absatz 1 Buchstabe g erhalten hat, da er einem Luzerner Landwirt Grundpfandtitel abgekauft hatte, die einst einer kreditgebenden Bank gehört hatten. Zwei angefragte Rechtsanwälte verweisen aber auf einen Leitentscheid des Bundesgerichts vom 15. Dezember 2005 (BGE 132 III 212). Demzufolge ist es rechtsmissbräuchlich, wenn ein Nichtlandwirt die Grundpfandtitel einzig zum Zweck erwirbt, an einem Zwangsvollstreckungsverfahren für einen Bauernbetrieb teilnehmen zu können.
Es gibt Hinweise darauf, dass dies hier der Fall sein könnte. Mindestens legen vom «Schweizer Bauer» eingesehene Dokumente nahe, dass der Ersteigerer erst etwa drei Monate vor der Ersteigerung nach längerem Insistieren die Grundbuchtitel vom Luzerner Landwirt abgekauft hat und diesem bezüglich Kaufpreis entgegengekommen ist, indem er auch 10%-Zinsen pro Jahr, die Schüttel schuldete, im Kaufpreis der Grundpfandtitel abgegolten hat. Es gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung, entscheiden werden die Gerichte.
Einer hat ordentlich Gewinn gemacht mit Le Creux
Eine Schätzung lautet, dass der Luzerner Landwirt, mit dem der «Schweizer Bauer» wiederholt telefoniert hat, mit dem Hof Le Creux innert weniger Jahre einen Profit von 300'000-400’000 Franken machen konnte. Schüttel verweist viertens auf das frühere Kaufversprechen vom 13. Januar 2019 über 1,6 Mio. Fr. (inklusive Fahrhabe und Lebendware) +0,2 Mio. Fr. für «Beratertätigkeit» und das handschriftliche Versprechen vom 15. Januar 2018, die Güllenanlage zu sanieren.
Dem «Schweizer Bauer» liegen Kopien dieser Versprechen vor. Schüttel will den Ersteigerer auf Schadenersatz in Millionenhöhe verklagen. Sein Standpunkt ist: Die Nichtumsetzung seines Sanierungsprojektes durch den späteren Ersteigerer hat zu Direktzahlungskürzungen geführt, für die der Ersteigerer aufkommen muss. Allein da geht es für die Jahre 2018 bis 2023 um total mehrere Hunderttausend Franken.
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Ersteigerer: «Schüttel besetzt den Hof illegal»
Der Ersteigerer, der in der Freibergerszene aktiv ist, hat eine ganz andere Perspektive auf die Situation als Schüttel. Er reagierte letzte Woche nicht auf eine Anfrage. Wie aus Dokumenten hervorgeht und wie in einem persönlichen Gespräch im November deutlich wurde, sieht der Ersteigerer Schüttel als illegalen Besetzer seines Eigentums. Er verweist auf die Versteigerung, auf den Grundbucheintrag und will Schüttel nun mit juristischen Mitteln zum Gehen bewegen.
Daniel Salzmann
Schüttel bauert mit einer Angestellten
Derweil bauert Schüttel zusammen mit seiner Angestellten nach wie vor auf dem Hof Le Creux. «Seit dem Überfall eines Bauernlehrlings aus der Nachbarschaft am 29. Juni 2022 hat es keine Vorfälle mehr gegeben, und ich hoffe, es bleibt so», sagt er. Die Polizei hat gegenüber dem «Schweizer Bauer» einen Einsatz am 29. Juni 2022 bestätigt. Schüttel hat nun auch Vorsichtsmassnahmen getroffen. Mit Befremden hat er festgestellt, dass dieser Bauernlehrling zuletzt wieder auf demselben Hof beim Arbeiten gesehen wurde.
Schüttel muss ohne Direktzahlungen auskommen, diese gehen auf ein Konto beim Betreibungsamt. Er hat Kürzungen, weil die Sanierung der Güllenanlage aussteht (laut Schüttel ist sie behördlich blockiert, er hatte ein Projekt einer neuen, grösseren Anlage). Schüttel liefert weiterhin die Milch von gut 20 Kühen ab und hofft, in den ersten Junitagen heuen zu können. Sein Hof liegt auf 1100 Meter über Meer, entsprechend lang lag heuer auch noch Schnee.
Lesen Sie hier die Teile 1 bis 5 der Serie über Landwirt Werner Schüttel:
Teil 1: Sabotage, Kuhabgänge und Fast-Brände
Teil 2: Der Überfall vom 27. November 2014 und der Rauswurf aus der Käsereigenossenschaft
Teil 3: Koksender Bauernlehrling brach bei Schüttel ein - Schweizer Bauer
Teil 4: Ein Schätzer, 125 ’000 Franken in bar, 10% Zins - Schweizer Bauer
Teil 5: Das sagt der «Nichtlandwirt» zum ersteigerten Hof - Schweizer Bauer
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