Sie ist auf dem Weg zur Betriebsleiterin

In einem Aufruf suchte schweizerbauer.ch nach Schnappschüssen von Frauen in der Landwirtschaft. An wessen Jacke knabbert das Kälbchen auf dem Foto? Sie hat es uns erzählt, und so stellen wir heute Selina Röösli aus Menznau LU vor.

clu |

Seit Selina Röösli ihre Lehre als Detailhandelsfachfrau abgeschlossen hat, unterstützt sie ihren Vater auf dem Familienbetrieb in Menznau LU. Die bald 28-Jährige hat Grosses vor: In wenigen Jahren wird sie den Betrieb übernehmen.

Neben ihrem Vollzeitjob in der Fleischabteilung und Metzgerei bei Coop in Willisau LU hilft sie auf dem Hof mit vor allem, wenn Arbeitsspitzen anfallen. Zum Beispiel, wenn Kälber gewogen werden oder zugekaufte Kälber beim Saugen angelernt werden müssen. Auf dem Talhof in Menznau LU wird mit 28 Tiroler Grauvieh-Kühen Mutterkuhhaltung betrieben.

Es hat sich erst in den letzten Jahren herauskristallisiert, dass Selina den Hof übernehmen wird. Um sich darauf vorzubereiten – und das war wiederum schon immer Selinas Plan – besuchte sie die Bäuerinnenschule in Schüpfheim und Sursee und schloss im Herbst 2023 erfolgreich mit dem Fachausweis Bäuerin ab. Warum ihre Eltern dank Selina und ihrem Partner etwas mehr Freizeit haben und welche Leidenschaften Selina neben der Landwirtschaft noch hat, hat sie dem «Schweizer Bauer» erzählt.

Selina, wer bist du?

Mein Name ist Selina Röösli. Ich bin 28 Jahre alt und bin gelernte Detailhandelsfachfrau EFZ. Meine Ausbildung habe ich bei der Bäckerei Thalmann in Hergiswil LU gemacht. Danach war ich einige Jahre angestellt und habe dann bei der Bäckerei Zihlmann zuerst in Hasle LU als stellvertretende Filialleiterin gearbeitet und dann die Filiale in Escholzmatt LU übernommen. Zudem half ich in den anderen Filialen aus. Seit diesem August arbeite ich Vollzeit im Coop in Willisau in der Fleischabteilung und Metzgerei.

Wie bist du in der Landwirtschaft gelandet?

Ich bin auf einem Landwirtschaftsbetrieb in Menznau LU aufgewachsen. Momentan ist mein Vater noch der Betriebsleiter. Da ich zu 100 Prozent auswärts arbeite, helfe ich seit meinem Lehrabschluss vor allem auf dem Betrieb aus, um Arbeitsspitzen zu brechen. Das ist besser möglich, seit ich im Coop arbeite. Meine Arbeitszeiten sind attraktiver geworden, und ich habe mehr Zeit, um zu Hause auf dem Betrieb zu helfen. Zudem habe ich von Januar 2022 bis Juni 2022 die Bäuerinnenschule in Schüpfheim LU und Sursee LU Vollzeit besucht. Im Herbst 2023 habe ich den Fachausweis als Bäuerin bestanden.

Was sind deine Aufgaben auf dem Hof?

Ich helfe mit, wenn Kälber gewogen werden müssen oder zugekaufte Kälber beim Saugen angelernt werden müssen. Das ist nötig, weil wir Mutterkuhhaltung betreiben und Natura Veal produzieren. Nachdem die Kälber mit 250 Kilo Lebendgewicht geschlachtet werden, ersetzen wir die abgehenden Kälber durch zugekaufte Kälber. Sie verwerten die zur Verfügung stehende Milch. Diese Kälber werden dann auch zu Natura Veal gemästet, das uns die Vianco abnimmt. In ein paar Jahren werde ich den Hof von meinem Vater übernehmen. Um meine Eltern etwas Freizeit zu ermöglichen, erledigen mein Partner und ich die Wochenenden und Ferienablösung.

Betriebsspiegel

Ort: Talhof 1, 6122 Menznau LU

Fläche: 24,5 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche (arrondiert) in der Bergzone 1, 33 Hektaren Wald

Tiere: Mutterkuhhaltung (Natura Veal) mit 28 Tiroler Grauvieh-Kühen und einem Limousin-Stier, 96 Mastschweine (IP-Suisse)

Obstbau: 42 Obstbäume (vorwiegend Äpfel und Birnen)

SAK: 1,9 Standardarbeitskräfte

Familie: Vater Beat Röösli (1966) führt den Betrieb zusammen mit Mutter Rita (1968); Kinder Selina (1997), Alexandra (1999) und Jonas (2001)

Habt ihr noch andere Betriebszweige?

Ja, wir haben noch 42 Obststammbäume, die meisten davon Äpfel und Birnen. Es wird vor allem Mostobst produziert, welches wir selbst verwerten oder verkaufen. Ausserdem bewirtschaften wir 33 Hektaren Wald in sehr schwieriger topografischer Lage. Der grösste Teil ist Mischwald mit einem hohen Anteil an Fichtenholz, durchsetzt mit Buchen und Eschen. Die jährliche Holznutzung liegt bei 200 bis 300 Kubikmetern. Die Vermarktung des Holzes wird über die regionale Waldgenossenschaft Fontannen abgewickelt. Der grösste Teil der Arbeiten wird durch ein Forstunternehmen mit Seilbahn erledigt.

Meine Eltern betreiben als Nebenerwerb einen Schulbusbetrieb für die Gemeinde, den ich später auch übernehmen will.

Selina Röösli

Was sind die aktuellen Herausforderungen spezifisch auf eurem Betrieb?

Der ganze Betrieb ist in Hanglage zwischen 15 bis 30 Prozent, sonnseitig gelegen und windgeschützt. Daher ist er trockenheitsanfällig. In den letzten Jahren liegt der Schwerpunkt der Waldnutzung bei der Bekämpfung des Borkenkäfers. Auch möchten wir die betrieblichen Abläufe vereinfachen und modernisieren.

Was gibt es zum Betrieb sonst noch zu erzählen?

Meine Eltern betreiben als Nebenerwerb einen Schulbusbetrieb für die Gemeinde, den ich später auch übernehmen will.

Welche Momente möchtest du nie eintauschen, die dir in deinem Tag auf dem Bauernhof begegnen und die einzigartig sind?

Jeden Tag in den Stall gehen zu dürfen und der Leidenschaft nachzugehen. Zu sehen, wie ein Kalb aufwächst und man eine Bindung zu allen Tieren aufbaut, auch zu den Kühen. In der Natur zu arbeiten und die zur Verfügung stehenden Ressourcen zu nutzen.

Was empfiehlst du jungen Menschen, die sich überlegen, ob sie eine landwirtschaftliche Ausbildung machen sollen?

Die landwirtschaftliche Ausbildung ist so vielseitig wie kein anderer Beruf, ob mit Maschinen oder Tieren zu arbeiten, wie auch das Administrative im Büro. Am Abend weiss man, was man getan hat, und kann je nachdem zusehen, wie etwas wächst, wenn man es hegt und pflegt.

Gibt es auch Schattenseiten oder belastende Situationen?

Die wachsenden Auflagen, die zu bewältigen sind, und die Mehrkosten, die sie verursachen. Ich finde es schade, dass der Produzentenpreis meist nicht kostendeckend ist. Und auch, dass die Arbeitsstunden je nach Saison länger sind und man fast keine Pausen zur Erholung hat.

Ich sehe sehr oft, dass der Preis das Kaufverhalten entscheidet und nicht die Herkunft.

Selina Röösli

Wenn du einen Wunschzettel hättest, um eine Sache in der Landwirtschaft zu ändern, was wäre das?

Die Wertschätzung gegenüber den Produkten, die aus der Schweizer Landwirtschaft kommen. Da ich in einem Grossdetailisten arbeite, sehe ich sehr oft, dass der Preis das Kaufverhalten entscheidet und nicht die Herkunft.

Kannst du etwas, was die anderen auf dem Betrieb nicht können, und umgekehrt?

Es hat vielleicht nicht direkt mit der Landwirtschaft zu tun: Kleider flicken und Nähen/Sticken. Mich kann ausserdem nichts so schnell etwas aus der Fassung bringen, da ich einfach sehr ruhig bleibe.

Wenn im Sommer Arbeiten auf dem Betrieb anstanden, hatte ich oft nicht grosse Lust arbeiten zu gehen und habe lieber zuhause angepackt.

Selina Röösli

War das für dich und deine Familie schon immer klar, dass du den Betreib übernehmen wirst, oder wann hast du dich dafür entschieden?

Nein, bei uns war es nicht von Anfang an klar, wer genau den Betrieb übernehmen wird. Das hat sich erst in den letzten Jahren herauskristallisiert. Für mich war aber schon immer klar, dass ich die Bäuerinnnenschule machen werden. Nach der Lehre, wenn im Sommer Arbeiten auf dem Betrieb anstanden, hatte ich oft nicht grosse Lust arbeiten zu gehen und habe lieber zuhause angepackt.

Für welche Themen interessierst du dich im «Schweizer Bauer»?

Mich interessiert die Mutterkuhhaltung, Behandlungen mit Homöopathie und mit EM.

Was machst du in deiner Freizeit?

Ich spiele Theater beim Jodlerklub Steinhuserberg. Und wenn es die Zeit zulässt, nähe ich sehr gerne.

-> Auf dem Instagram-Account naehstuebli_talhof zeigt Selina ihre gestickten und genähten Kreationen:

Frauen in der Landwirtschaft

In der Serie über Frauen in der Landwirtschaft sind folgende Porträts schon erschienen:

->  Elisa Nunzi aus Soglio GR: «Sie erfüllt sich ihren Traum»

->  Martina Heuberger aus Deisswil bei Münchenbuchsee BE: «Das Landleben ist ihr Zuhause»

->  Barbara Dober aus aus Küssnacht am Rigi SZ: «Sie ist ihre eigene Chefin»

->  Nadine Alder, Landmaschinenmechanikerin bei Meier Maschinen: «Ihr Hobby ist Feldhäcksler fahren»

->  Ina Kiessling aus Reichenbach im Kandertal BE: «Sie ist mit Herzblut Schäferin»

->  Lesly Cathomas aus Falera GR: «Viehzuchterfolge machen sie glücklich»

->  Bettina Minder aus Detligen BE: «Sie hat den Einkaufsladen vor der Haustür»

->  Sarah Schmid aus La Ferrière BE: «Die Besamung ist ihr Bereich auf dem Hof»

->  Marina Kohler aus Celerina GR: «Im Hoflädeli ist sie die Chefin»

Kommentare (1)

Sortieren nach: Likes | Datum
  • Izet Avdić | 13.01.2025

    Drago mi je dase bavite poljoprivrede i moji roditelji isto tako rade dosao bih u posjetu kod vas da razmijenili iskustva...pišite nam na e-mail adresu

×

Schreibe einen Kommentar

Kommentar ist erforderlich!

Google Captcha ist erforderlich!

You have reached the limit for comments!

Das Wetter heute in

Lesershop

Hier gehts zum Lesershop

Umfrage

Geht Ihr an die Suisse Tier?

38.7 % Ja, ganz sicher
17.7 % Weiss noch nicht
43.5 % Nein

Teilnehmer insgesamt 62

Zur aktuellen Umfrage

Bekanntschaften

Suchen Sie Kollegen und Kolleginnen für Freizeit und Hobbies? Oder eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner?