Am Montag, 6. Mai, morgens um 9 Uhr, ist es auf dem Hof Le Creux in Le Cerneux-Péquignot NE zu einer polizeilichen Räumung gekommen. Die kantonalen Ämter stellen sich auf den Standpunkt: Der neue Eigentümer ist der Mann, der das Heimet am 20. Mai 2022 anlässlich der betreibungsrechtlichen Versteigerung ersteigert hat. Also darf der vorherige Eigentümer Werner Schüttel, der auf Le Creux seit 1991 gebauert hat, dort nicht mehr in einem Wohnwagen wohnen. Der Hof selbst ist im letzten August vollständig niedergebrannt .
Bodenrechtlich interessanter Fall
Werner Schüttel hat verschiedene rechtliche Schritte gegen den Ersteigerer und gegen die Räumungsaktion eingeleitet. Er verweist unter anderem darauf, dass ihm der Ersteigerer lange vor der Versteigerung, im Januar 2019, ein schriftliches Kaufangebot gemacht hat, das höher als der spätere Kaufpreis war und dem dieser Mann dann nicht gefolgt sei.
Und sein neuer Rechtsvertreter wird jetzt auch wieder das Leiturteil des Bundesgerichts vom 15. Dezember 2005 (BGE 132 III 212) ins Spiel bringen, wonach es rechtsmissbräuchlich ist, wenn man nur deswegen Schuldbriefe abkauft, um an einer betreibungsrechtlichen Versteigerung (Zwangsvollstreckung) einer landwirtschaftlichen Liegenschaft als Nichtlandwirt mitbieten zu können. Der Hintergrund ist Artikel 64 Absatz 1 Buchstabe g des Bundesgesetzes über das Bäuerliche Bodenrecht .
Am Anfang stand ein Facebook-Post
Am Anfang der Recherche zu Schüttel stand ja ein Hinweis an den Schreibenden auf einen Facebook-Post, in dem stand: «Heute, den 20. Mai 2022, einen Monat vor meinem 79. Geburtstag, wurde ich als Nichtlandwirt Eigentümer des Hofes Le Creux in Le Cerneux-Péquignot mit einer Fläche von 64,5 Hektaren.»
Und in einem Artikel auf dem Portal arcinfo.ch stand, dass an der Versteigerung mehrere junge Bauernfamilien anwesend gewesen seien, die nach der Versteigerung enttäuscht gewesen seien, weil sie sagten, den gebotenen Kaufpreis hätten sie selbst mit Landwirtschaft allein nicht amortisieren können.
Grundpfandtitel wurden weiterverkauft
Im Fall Schüttel hat laut Informationen des «Schweizer Bauer» seinerzeit ein Luzerner Landwirt (der Name ist der Redaktion bekannt) Grundpfandtitel auf dem Hof Le Creux von der Raiffeisenbank abgekauft und diese erst kurz vor der Versteigerung - nach Informationen von Leuten aus Schüttels Umfeld rund drei Monate vor der Versteigerung – zu einem Preis, der laut Schüttels Informationen über dem Nominalwert lag, an den späteren Ersteigerer verkauft.
Darum, so finden Schüttel und sein Rechtsvertreter, hätte der Kanton Neuenburg dem späteren Ersteigerer keine Erwerbsbewilligung geben dürfen. Der Ersteigerer und sein rechtlicher Berater, ein Rechtsanwalt, versicherten anlässlich eines persönlichen Treffens vor rund anderthalb Jahren, dass alles rechtlich korrekt abgelaufen sei. Entscheiden werden dies am Ende die Gerichte, vielleicht sogar das Bundesgericht selbst.
Zwei Jahre nach Versteigerung noch immer keine Abrechnung
Schüttel fordert vom Kanton eine Annullierung der Versteigerung und eine Auszahlung aufgelaufener Direktzahlungen und vom Ersteigerer mannigfachen Schadenersatz. Darum findet am Mittwoch, 29. Mai, in La Chaux-de-Fonds NE eine Gerichtsverhandlung statt. Und Schüttel, so betont er immer wieder, hat auch zwei Jahre nach der Versteigerung vom 20. Mai 2022 noch keine Abrechnung bekommen und keinen einzigen Franken ausbezahlt erhalten. Er sagt, seine Zahlungsausstände seien viel tiefer gewesen als der erzielte Steigerungspreis.
Im Februar 2024 erklärte das Betreibungsamt in La Chaux-de-Fonds NE auf Anfrage des «Schweizer Bauer»: «Wir können Ihnen bestätigen, dass die endgültige Abrechnung dieses Verkaufs aus steuerlichen Gründen, die dem ehemaligen Eigentümer sehr wohl bekannt sind, noch nicht vorgenommen werden konnte. Sobald die Entscheidung der Steuerbehörde vorliegt, wird der Fall sehr schnell abgeschlossen werden.»
Schüttel konnte Direktzahlungsformular ausfüllen
Ein interessanter Punkt ist, dass seitens Kanton die Direktzahlungen 2024 für den Hof Le Creux auf Schüttel und nicht auf den Ersteigerer zu laufen scheinen. Schüttel sagt, er habe im März 2024 die entsprechenden Formulare zur Beantragung und für die Düngerbilanz ausgefüllt, der Kanton habe den entsprechenden Zugang ins System freigeschaltet gehabt. Behilflich war ihm dabei die Landwirtschaftskammer des Kantons Neuenburg.
Etappensieg für den Ersteigerer
Rechtlich durchgesetzt hat sich nun aber erst einmal der Ersteigerer, indem die Behörden seinem Räumungsbegehren stattgegeben haben und die Räumung am 6. Mai vollzogen worden ist. Schüttel hatte am Morgen auf dem Feld Unterstützung von einem Lohnunternehmer aus der Deutschschweiz und einem Dutzend Berufskollegen und Helfern. Sie waren quasi als seine Aufpasser gekommen, ebenso zwei Rechtsvertreter von ihm als Zeugen. Weil die Polizei drohte, die vorher jahrelang von Schüttel genutzten Landmaschinen, die nach wie vor neben dem abgebrannten Hof standen, abzuführen und zu verschrotten, lenkten er und seine Helfer schliesslich ein und transportierten diese mit Schüttels Einverständnis an verschiedene Orte.
Auch der Wohnwagen wurde verstellt, und Schüttel und seiner Mitarbeiterin, die nach dem Brand ebenfalls im Wohnwagen gelebt hatte, wurde eine Notunterkunft in Neuchâtel angeboten, nachdem dies sein Rechtsvertreter mit Nachdruck gefordert hatte. Die Neuenburger Gerichtsschreiberin drängte Schüttel laut seinem Bericht dazu, mit den Helfern aus der Deutschschweiz mitzugehen und den Kanton zu verlassen.
Am Tag darauf kam es zu einer Begegnung
Wie Werner Schüttel berichtet, gab die Polizei ihm und seinen Helfern am Räumungstag (6. Mai) bis zum Sonntag, 12. Mai, eine letzte Frist, bis zu der alles geräumt sein müsse. Am Abend des nächsten Tages sei schon praktisch alles weggeräumt gewesen und am Sonntag, 12. Mai, sei das Gelände geräumt gewesen, versichert er.
Am Dienstag, 7. Mai, ist es auf dem Areal von Le Creux zu einer Begegnung von Schüttel und dem Ersteigerer gekommen, die Schüttel als bedrohlich empfunden hat, weswegen er umgehend den Polizeinotruf wählte und er und seine Mitarbeiterin als Zeugin der Vorgänge tags darauf Strafanzeige erstattet haben. Der Ersteigerer stellt das Geschehene auf Anfrage des «Schweizer Bauer» anders dar, er will sich aber mit Verweis auf die laufenden Verfahren nicht weiter äussern.
Der Schweizer Bauer hat im Dezember 2022 in einer Serie über den Fall Schüttel berichtet:
Teil 1 Sabotage, Kuh-Abgänge und Fast-Brände
Teil 2: Der Überfall vom 27. November 2014 und der Rauswurf aus der Käsereigenossenschaft
Teil 3: Koksender Bauernlehrling brach bei Schüttel ein - Schweizer Bauer
Teil 4: Ein Schätzer, 100’000 Franken in bar, 10% Zins
Teil 5: Das sagt der Nichtlandwirt zum ersteigerten Hof
Im Mai 2023 war Schüttel vorübergehend im Grundbuch wieder als Eigentümer eingetragen.