Thom, Lilou und Salome Wieland sind die Gastgeber auf dem Hof «Wielandleben» in Röthenbach im Emmental.
Michelle Wüthrich
Auf dem wunderschönen Betrieb «Wielandleben» in Röthenbach i. E. BE durfte ich auf meiner Fahrt Richtung Thun Salome Wieland (37), die Betriebsleiterin, treffen. Zusammen mit ihrem Mann Thom (44) und ihrer Tochter Lilou (7) bewirtschaftet sie einen Biomilchwirtschaftsbetrieb in erster Generation. Die Betriebsgrösse umfasst 18 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche und 10 Hektaren Wald.
Regenerativen Bewirtschaftung
Aus der Überzeugung, gesunde Lebensmittel produzieren und das Ökosystem sowie die Biodiversität fördern zu wollen, erfolgte 2018 die Umstellung auf den biologischen Anbau. Die Tiere und Böden spielen dabei für Wielands eine zentrale Rolle. Seit 2020 liegt ein besonderes Augenmerk auf der regenerativen Bewirtschaftung, die auf dem gesamten Betrieb umgesetzt wird.
Wielands legen grossen Wert auf die Bewirtschaftung ihrer Böden, um diese fruchtbar und gesund zu erhalten. Dabei setzen sie auf Mischkulturen und auf eine vielfältige Bepflanzung, was Bodenorganismen und oberirdische Insekten fördert und zur Förderung der Biodiversität beiträgt. Somit möchten sie einen wesentlichen Teil dazu beitragen, dass auch kommende Generationen die Verantwortung.
Auf ihrem Landwirtschaftsbetrieb bieten Salome und Thom agrotouristische Angebote an und betreutes Wohnen. Worum es sich dabei genau handelt, erklärt mir Salome im Gespräch, während wir in berauschender Atmosphäre in ihrem wunderbar gepflegten Garten sitzen.
«Schweizer Bauer»: Wie kam es dazu, dass ihr in Röthenbach BE gelandet sind?
Salome Wieland, Betriebsleiterin: Wir konnten den Hof vor sieben Jahren ausserfamiliär übernehmen. Es war für uns ein riesiges Geschenk und nicht selbstverständlich, dass es funktionierte und dass wir hierher kommen durften. Schritt für Schritt haben wir alles aufgebaut. Zuvor bewirtschafteten wir einen Pachtbauernhof mit Land und mit einem schönen Ambiente. In diesen fünf Jahren sammelten wir unsere ersten Erfahrungen und konnten hier unsere Ideen und Konzepte eins zu eins umsetzen.
Du sprichst von Ideen und von Konzepten, waren die schon immer präsent?
Das Grundkonzept war immer präsent, aber wir sind auch sehr offen und flexibel gegenüber Veränderungen. Vieles hat sich Schritt für Schritt ergeben, ohne dass wir alles von Anfang an genau geplant hätten. Zudem haben wir uns den wirtschaftlichen Herausforderungen angepasst, die einen Betrieb massgeblich beeinflussen können. Es war eine stetige Anpassung an die Gegebenheiten, die wir hatten.
Die Betriebsgrösse umfasst 18 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche und 10 Hektaren Wald.
Michelle Wüthrich
Der Hof hat sich seit der Übernahme in einer beeindruckenden Weise weiterentwickelt.
Wir bauen verschiedene Getreidesorten an wie Emmer und Urdinkel sowie Leindotter, Linsen, Leinsamen, Hanfsamen und Polentamais. Mit diesen verschiedenen Produkten können wir auf dem Hof leben und sind Selbstversorger. Wir pressen beispielsweise aus Hanf, Leindotter und Leinsamen Öle, die wir für Salatsaucen und warme Speisen nutzen. Ausserdem stellen wir unsere eigenen Teigwaren her und konservieren unser ganzes Gartengemüse und die Feldfrüchte für den Winter. Wir haben einen grossen Tunnel, in dem wir das ganze Jahr über Gemüse anbauen können. Weiter nutzen wir den Boden so gut wir können und geben ihm auch zurück, was er braucht.
Wir bieten betreute Wohnungen an, in denen die Bewohner gemeinsam mit uns den Alltag auf dem Hof meistern.
Das heisst?
Wir arbeiten möglichst regenerativ und achten auf die Natur. Für uns ist es ein Privileg, den Boden zu haben und ihn bestmöglich nutzen zu können. Wir haben einen kleinen Hofladen und einen Webshop, in dem man unsere Produkte bestellen kann. Uns ist wichtig, von A bis Z alles von den Tieren zu verwerten. Wir verwenden sogar das Leder und fertigen kleine Produkte für den Hof, wie Portemonnaies, Schlüsselanhänger und Notizbücher. Auch Gemüsereste nutzen wir, um unsere Tiere wie Schweine und Hühner zu füttern, die nahezu alles fressen.
Euer Betriebskonzept umfasst auch das betreute Wohnen. Kannst du genauer erklären, wie das betreute Wohnen bei euch organisiert ist?
Wir bieten betreute Wohnungen an, in denen die Bewohner gemeinsam mit uns den Alltag auf dem Hof meistern. Wir geben ihnen die Struktur, den Halt und die Abwechslung, die sie brauchen, und gehen individuell auf sie ein und fördern sie dort, wo sie Unterstützung brauchen. Aber sie können auch stetig eine gleiche Arbeit verrichten, wenn sie das möchten. Im Moment betreuen wir acht Personen von Montag bis Freitag und haben drei Dauergäste. Wir haben auch Tagesgäste, die von morgens bis abends bleiben.
Ihr lebt zu dritt als Familie tagtäglich mit mehreren Personen zusammen, dies teilweise sogar jahrein, jahraus. Wünscht man sich da nie einen Rückzugsort?
Vor zwölf Jahren, als wir begonnen haben, haben wir uns darüber keine Gedanken gemacht. Wir haben unser Leben mit den Leuten in der Küche geteilt, es fühlte sich wie eine grosse Familie an, was auch heute noch so ist. Nach zwölf Jahren merkt man jedoch, dass ein Rückzugsort auch schön wäre, zum Beispiel eine eigene Küche. Derzeit haben wir ein Küchenprojekt am Laufen. Wir haben öffentlich Geld über Crowdfunding gesammelt, und viele Menschen haben uns unterstützt. Der Verein Wielandleben, der auch unser Sozialwerk ist, hilft uns ebenfalls bei der Finanzierung des Umbaus.
Alles ist selbst gemacht, von Brötchen aus Urdinkelmehl bis zu verschiedenen eingemachten Sachen.
Was ist geplant?
Im September wollen wir mit der Erweiterung starten, die mehr Platz für unsere Leute schaffen soll. Unsere Bewohner möchten gerne bei der Lebensmittelverarbeitung mitarbeiten, was für uns ein grosses Geschenk ist. Momentan können wir aufgrund der kleinen, engen Küche nur eine Person integrieren, obwohl wir intern bis zu 22 Personen pro Tag versorgen. Deshalb ist die Vergrösserung der Küche notwendig. Allerdings wird der Ausbau oder die Sanierung mit der neuen Küche uns keinen privaten Rückzugsort bieten. Wir haben uns entschieden, die gemeinsame Küche zu vergrössern und diesen Raum weiterhin mit unseren Bewohnern zu teilen.
Was für agrotouristische Angebote bietet ihr an?
Als agrotouristisches Angebot haben wir ein Doppelzimmer im Speicher, das man mit einem biologischen Frühstück vom Hof buchen kann. Alles ist selbst gemacht, von Brötchen aus Urdinkelmehl bis zu verschiedenen eingemachten Sachen. Eventmässig bieten wir auch Trauungen auf der Wiese oder auf der Bühne an, mit 100% hausgemachtem Catering. Wir wollen zeigen, dass es sich lohnt, selbst etwas anzubauen und zu produzieren. Das ist uns ein grosses Herzensthema.
Seit Neuestem führt die Herzroute an eurem Betrieb vorbei. Habt ihr konkrete Auswirkungen bemerkt?
Ja, seit letztem Jahr verläuft die Herzroute bei uns vorbei, worüber wir uns sehr freuen. Wir haben ein kleines Hofbistro, das in Selbstbedienung immer offen ist und von Montag bis Freitag von neun bis fünf bedient wird. Wir bieten spontan Gerichte an, die aus unseren Hofprodukten bestehen und die wir je nach Verfügbarkeit frisch zubereiten. Ausserdem bieten wir eine vielfältige Palette an Getränken. Zurzeit ist es noch ein aufstrebendes Projekt, bei dem viele Durchreisende noch nicht genau wissen, was es zu bieten hat – sei es landschaftlich, kulinarisch oder für persönliche Erlebnisse. Für die Velofahrer besteht zusätzlich die Möglichkeit, ihr E-Bike an der Ladestation aufzuladen.
Ihr wohnt hier auf 1000 Metern ziemlich abgelegen. Wie gelingt es euch, Besucher zu gewinnen? Und was sprecht ihr für Kunden an? Sind dies Stammkunden oder spontane Besucher?
Die meisten Besucher kommen gezielt zu uns, da wir relativ abgelegen wohnen. Manchmal finden uns Leute auch spontan, wenn sie sich verlaufen. Um mehr Menschen auf uns aufmerksam zu machen, setzen wir stark auf Social Media. Diese Plattformen bieten uns eine hervorragende Möglichkeit, gezielt Werbung zu machen und die Leute daran zu erinnern, dass es uns gibt. Wir sind auf fast allen Kanälen so aktiv wie möglich, um unsere Reichweite zu erhöhen und unsere Angebote bekannt zu machen.
Nach dem spannenden Gespräch auf dem atemberaubend dekorierten Hof der Wielands verabschiedete ich mich von Salome Wieland und stieg auf mein E-Bike für die Weiterfahrt in Richtung Thun. Es war faszinierend zu sehen, wie ein abgelegener Hof durch Engagement und innovative Ideen zu einem lebendigen Ort des Austauschs und der Gemeinschaft werden kann
-> Mehr zum Hof «Wielandleben» gibt es hier
-> Mehr zu Ramseier Getränke findet Ihr hier
Einen Einblick in den Hof der Familie Wieland gibt es hier
Michelle unterwegs: Alle Etappen zum Nachlesen
1. Etappe: Matschige Stiefel und Kinderlachen
2. Etappe: Von der Chrüterei, zum Bier bis zum Käse
3. Etappe: Bei Übernahme Betrieb umstrukturiert
4. Etappe: Erlebnisweg bringt Landwirtschaft näher
5. Etappe: 800 ha Land und eine Pferdezucht
6.&7. Etappe: Von der Milch zu den Beeren
8. Etappe: Bauern auf dem «Glungge-Hof»
9. Etappe: Hofladen wird zum Dorfladen
10 Etappe: Die Herzroute-Königsetappe
Der märchenhaften Landschaft 99 Höhenlinien abtrotzen und mit einem Schmetterlingsgefühl über dem Thunersee ankommen. Zwischen Langnau und Thun öffnet sich ein Fächer der landschaftlichen Leckerbissen, der in der Summe fast schon zu viel des Guten ist. Diese Etappe darf als mächtigste, längste und vielleicht spektakulärste gelten. Auf einem ersten Abschnitt folgt man dem üppigen Emmental, das hier mit all seiner Pracht begeistern kann.
Je weiter man zu den Bergen vordringt, umso uriger wird es, bis im Eriz schliesslich die Stimmung ganz ins Voralpine kippt, wo bimmelnde Geissen und Kühe die steilen Hänge unterhalb der Felsbänder beweiden. Durch eine lange, kaum besiedelte Waldpassage bricht man zum Thunersee durch, der sich in atemberaubender Pracht weit unter uns ausbreitet. Der Blick gleitet zum gegenüberliegenden Niesen, dem Kilimanjaro des Oberlandes mit seiner pyramidenförmigen Statur. Man vergisst beinahe zu lenken ob all dieser Aussicht, die sich hier aufgebaut hat. Nach und nach senkt sich die Tour zum 700 Meter tiefer liegenden See und führt uns nach Thun, in die Stadt der Alpen, die an der schäumenden mintgrünen Aare liegt.
Streckenbeschrieb: 72 km, 1760 Hm/super hügelig, Naturstrassen: 5 km.
Je weiter man zu den Bergen vordringt, umso uriger wird es.
zvg
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