Karin Siegenthaler-Wälchli wird es nie langweilig. Zwischen drei Kindern, 70 bis 80 Black- und Red-Angus, Schafen und Hühnern arbeitet sie auch noch als Pflegefachfrau für die Spitex. Dass sie einen Bauern heiratet, war nicht ihr Plan, aber Stefan Siegenthaler zuliebe zog sie damals vom Oberaargau ins Freiburgische.
Heute hilft sie im Stall, wo immer gerade «mä sött» und «chasch häufe». Aber die sieben Nolana-Schafe sind ihrs, und auch Hund Diuk ist ihr Bereich. Für ihr Engagement gegen Littering haben die beiden ihre ganz eigene Strategie entwickelt. Welche, erzählt Karin am Ende des Artikels in einem kurzen Video.
Welche Momente die Pflegefachfrau besonders geniesst und welche Situationen belastend sind, hat sie dem «Schweizer Bauer» erzählt.
«Mein lediger Name bedeutet mir sehr viel.»
Wer bist du?
Karin Siegenthaler-Wälchli. Mein lediger Name bedeutet mir sehr viel. Ich kann mich trotz 19 Jahren nicht so gut mit dem Namen Siegenthaler identifizieren. Ich bin im Oberaargau im Kanton Bern mit drei Schwestern aufgewachsen. Mein Vater arbeitete als Mechaniker. Meine Grosseltern von beiden Seiten waren in der Landwirtschaft tätig. Ich half als Kind beim Heuen, Stroh räumen und Kartoffeln setzen mit und holte Milch beim Onkel im Stall.
Wie bist du in der Landwirtschaft gelandet?
Mein Mann Stefan ist auf unserem Betrieb aufgewachsen und musste ihn schon früh übernehmen. Da ich von meinen Verwandten wusste, was es heisst, einen Landwirtschaftsbetrieb zu führen, sagte ich immer, ich wolle NIE einen Bauern heiraten!
Betriebsspiegel
Adresse: Bruch 6, 1700 Fribourg, Siegenthalers sind aber Bürger der Gemeinde Düdingen FR (Sensebezirk)
Tiere: 70 bis 80 Stück Black- und Red-Angus, 7 Nolana-Schafe und Lämmer, Hühner, Katzen und Labrador-Hund Diuk
Fläche: 45 Hektaren mit Ackerbau (IP-Suisse)
Familie: Ehemann Stefan, Leonie (2006), Anja (2008), Tristan (2013)
Was sind deine Aufgaben auf dem Hof?
«Häb, zeig, übernimm, lueg, mä sött, hesch gseh, chasch häufe, mach schnell»: Ich habe keine fixen Aufgaben im Stall – werde aber immer wieder eingespannt. Zu den Kleintieren schaue ich. Die Hühner, Katzen und der Hund Diuk sind ganz klar meine Aufgaben. Auch die sieben Nolana-Schafe mit zurzeit Lämmern gehören mir. Der ganze Haushalt mit Garten sowie die Kindererziehung/-betreuung liegt an mir.
Kannst du uns etwas über euren Hof erzählen?
Seit über 100 Jahren liegt der Hof in Stefans Familienbesitz. Stefan hat ihn 2001 übernehmen können. Ich und auch unsere Töchter Leonie und Anja sowie mein Sohn Tristan unterstützen ihn. Seit 2003 ist der Betrieb aus Arbeitsintensitäts- und wirtschaftlichen Gründen von Milchwirtschaft auf Anguszucht umgestellt worden. Für Stefan war klar, dass nur Angus in Frage kommen.
Welche Momente möchtest du nie eintauschen, die dir in deinem Tag auf dem Bauernhof begegnen und die einzigartig sind?
Wenn sich die Tiere nach dem Fressen in das saubere Strohbett legen und zufrieden wiederkauen. Oder die Geburt eines Kälbchens oder Lamms. Wenn die Kühe nach der Winterpause das erste Mal wieder auf die Weide dürfen und sich nach dem Herumspringen an der Sonne zufrieden ausruhen.
Was empfiehlst du jungen Menschen, die sich überlegen, ob sie eine landwirtschaftliche Ausbildung machen sollen?
Macht vorher oder nachher noch eine Zweitausbildung. Es ist nicht mehr einfach, nur von der Landwirtschaft zu leben. Auch mein Mann und ich arbeiten noch beide auswärts. Unsere älteste Tochter ist zurzeit in der Ausbildung zur Landwirtin. Auch sie wird sich später noch weiterbilden.
«Wie oft musste ich allein mit den Kindern einen Ausflug machen.»
Gibt es auch Schattenseiten oder belastende Situationen?
Wenn ein Tier krank ist und Schmerzen hat. Das 7/7- und 24/24-Anwesendsein und Verantwortung haben. Stefan und ich hatten nie Schwiegereltern, die uns ablösten. Wie oft musste ich allein mit den Kindern einer Einladung nachgehen oder einen Ausflug machen, weil eine Kuh kalbte oder sonst Arbeit anstand, die nicht verschoben werden konnte.
Wenn du einen Wunschzettel hättest, um eine Sache in der Landwirtschaft zu ändern, was wäre das?
Faire Preise. Dass keine Billigware aus dem Ausland importiert werden darf. Dass die Leute keinen Abfall mehr in die Wiesen und Wälder werfen! Auch darum sammle ich und mein Labrador-Hund Diuk auf unseren Spaziergängen Abfall ein. Wie wir das machen, habe ich in einem Video der «Freiburger Nachrichten» gezeigt.
Kannst du etwas, was die anderen Personen auf dem Betrieb nicht können, und umgekehrt?
Meine Nolana-Schafe hören nur auf mich. Wenn Stefan ein paar Tage wegfährt, z.B. einen Zuchtstierenmarkt oder Züchterkollegen im Ausland besucht oder für die Hagelversicherung unterwegs ist, macht er mir Futter parat, und dann schaue ich zu allen Tieren und erledige die anstehende Arbeit.
Was gibt es sonst noch über dich oder den Betrieb zu erzählen?
Wir führen einen Angus-Zuchtbetrieb mit Ackerbau. Auf der Homepage sunhillangus.ch, die unsere Tochter Anja als Abschlussarbeit ihrer obligatorischen Schulzeit in der 9. Klasse gemacht hat, gibt es noch mehr über uns zu erfahren. Wir gehen jedes Jahr mit unseren Stieren auf den Stierenmarkt in Brunegg. Dort verkaufen wir die Tiere an Bauernbetriebe oder auch an Swissgenetics. Daneben arbeite als Pflegefachfrau bei der Spitex. Dies mache ich sehr gerne und es gibt mir Abwechslung, obwohl ich dafür immer sehr viel hier auf dem Hof vor- und nacharbeiten muss.
Frauen in der Landwirtschaft
Falls du auch gerne Teil der Porträtreihe sein möchtest, so melde dich hier per Mail .
In der Serie über Frauen in der Landwirtschaft sind folgende Porträts schon erschienen:
-> Elisa Nunzi aus Soglio GR: «Sie erfüllt sich ihren Traum»
-> Martina Heuberger aus Deisswil bei Münchenbuchsee BE: «Das Landleben ist ihr Zuhause»
-> Barbara Dober aus aus Küssnacht am Rigi SZ: «Sie ist ihre eigene Chefin»
-> Nadine Alder, Landmaschinenmechanikerin bei Meier Maschinen: «Ihr Hobby ist Feldhäcksler fahren»
-> Ina Kiessling aus Reichenbach im Kandertal BE: «Sie ist mit Herzblut Schäferin»
-> Lesly Cathomas aus Falera GR: «Viehzuchterfolge machen sie glücklich»
-> Bettina Minder aus Detligen BE: «Sie hat den Einkaufsladen vor der Haustür»
-> Sarah Schmid aus La Ferrière BE: «Die Besamung ist ihr Bereich auf dem Hof»
-> Marina Kohler aus Celerina GR: «Im Hoflädeli ist sie die Chefin»
-> Selina Röösli aus Menznau LU: «Sie ist auf dem Weg zur Betriebsleiterin»
-> Julia Forkert: «Von der Chefarztsekretärin zur Landwirtin»
-> Regula Schmid aus Tschappina GR: «Sie bauert auf 1800 Meter über Meer»
-> Imke Marmet von der Lenk BE: «Die Alpzeit ist ihre grosse Leidenschaft»
-> Petra Weber aus Vaz/Obervaz GR: «Sie ist die gute Seele auf dem Hof»