Für die Familie Kaltenrieder aus Oleyres VD ist die Landwirtschaft eine Lebensaufgabe. 100 Kühe, 80 Hektaren und unendlich viel Herzblut. Familie Kaltenrieder öffnete diesen Sommer der Dorfbevölkerung die Türen zu ihrem Hof und möchte damit eine Brücke schlagen. Was dahintersteckt und ob das erste Melkkarussell von DeLaval in der Schweiz noch immer rund läuft.
Kühe bereit
Noch vor dem eigentlichen Anlass durfte ich Joël Kaltenrieder (29) und seinen Vater Philippe während der morgendlichen Stallarbeit begleiten. Morgens um 7.00 Uhr begrüssten mich Philippe und Joël Kaltenrieder (60), als ich mit dem Fahrrad auf der «Ferme Gollettes» in Oleyres VD ankam. Die Kühe standen bereits, von der Weide geholt, im Wartebereich vor dem Melkkarussell. Es war höchste Zeit zum Melken, weshalb ich mich rasch zu Philippe Kaltenrieder in die Melkgrube des Melkkarussells begab, um mehr über den Betrieb zu erfahren.
Mit routinierten Handgriffen bereitete er das Karussell vor und setzte kurz darauf geduldig den ersten Kühen das Melkzeug an. Bescheiden und dennoch etwas stolz erzählte er mir während des ruhig rauschenden Geräuschs der Anlage von den Anfängen mit dem Karussell.
Möglich viel Weide ermöglichen
Mittlerweile sind 21 Jahre vergangen und 16 Millionen Liter Milch verflossen, seit sich Philippe Kaltenrieder für die Installation des ersten DeLaval-Karussells in der Schweiz entschied. Mit seinem Pioniergeist wagte er damals einen mutigen Quantensprung: Vom Anbindestall mit zu Spitzenzeiten 30 Tieren wechselte er zu einem 16-Platz-Karussell. Heute lacht er bescheiden und meint: «Irgendwo fängt jeder an.» Wo er im Karussell mit 38 Kühen gestartet hat, Schritt für Schritt das Milchkontingent erweiterte, zählt die Herde heute rund 100 Kühe. «Pro Stunde melken wir 70 bis 80 Kühe», so Kaltenrieder.
Die Familie Kaltenrieder will ihren Kühe möglich viel Weidegang bieten.
Michele Wüthrich
Der Grund für die Wahl eines Karussells war Kaltenrieders Wunsch, seiner Herde möglichst viel Weidegang zu ermöglichen. «Ein Melkroboter kam für mich nicht in Frage. Je mehr man weiden möchte, desto unpraktischer ist ein Roboter.» Für ihn gehört das Melken zu seinen Haupt- und Lieblingsaufgaben auf dem Betrieb, wobei er meint: «Hier habe ich meine Ruhe und kann allein melken. Hätten wir einen Melkstand, müssten wir für dieselbe Herdengrösse beinahe zu zweit sein.»
Von Kanada nach Oleyres
Während Joël Kaltenrieder, Junior-Betriebsleiter, die Kälber tränkt, erklärt er mir, wie tief die genetische Vision des Betriebs in der Familientradition verwurzelt ist. Mit Embryonen aus der Zuchtlinie des Urgrossvaters seiner Ehefrau Marine Kaltenrieder-Henchoz aus Kanada und der Genetik des renommierten Holsteinzüchters Pascal Henchoz (Vater von Marine) bauen die Kaltenrieders eine leistungsstarke und homogene Herde auf – ganz im Zeichen ihrer Passion für zielorientierte Landwirtschaft.
Von Henchoz konnten sie zehn Tiere erwerben. Bereits die ersten Kälber aus beiden Linien sind auf dem Betrieb geboren worden. Die Arbeit, eine homogene und leistungsorientierte Herde aufzubauen und zu erhalten, ist eine Lebensaufgabe.
Praktische Abläufe
«Unser Prinzip ist, dass die Arbeitsschritte einfach und praktisch absolviert werden können. Diese Philosophie hat mein Vater mir beigebracht, und wir haben sie im Kälberstall umgesetzt», so Joël Kaltenrieder. In den ersten Wochen sind die Kälber in Einzelboxen seien, damit sie individuell betreut werden können. Anschliessend kommen sie in Gruppen zusammen.
Joël Kaltenrieder gibt den Kälbern hauptsächlich Kuhmilch und ausschliesslich Mash.
Michele Wüthrich
Auch die Fütterung ist ihnen wichtig. «Wir geben unseren Kälbern hauptsächlich Kuhmilch und ausschliesslich Mash.» Mit Mash meint er das von ihnen selbstgemischte Aufzuchtfutter für die Kälber. «Wir versuchen, kostenorientiert zu handeln und gleichzeitig unseren Tieren das Beste zu bieten. Dadurch haben wir die Kontrolle über die Qualität der Einzelkomponenten, die alle von unserem Betrieb stammen», erklärt Kaltenrieder.
Burger und Bullenritt
Pünktlich um elf Uhr trafen nach den letzten Vorbereitungen die ersten Gäste auf dem Hof ein. Inmitten der idyllischen Landschaft des Welschlands haben die Kaltenrieders mithilfe ihrer Familie, den Lernenden und Freunden diesen Sommer einen kleinen Event für die Dorfbevölkerung organisiert. Mit einem fröhlichen Fest wollten sie die Möglichkeit des Austauschs und des gemütlichen Beisammenseins bieten. Eine wunderbare Gelegenheit für die Dorfbewohner, in entspannter Atmosphäre ihre Erfahrungen und Geschichten auszutauschen.
Marine, Joël und Eliot Kaltenrieder: Die Familie hat diesen Sommer an einem Dorffest der Bevölkerung den Betrieb gezeigt.
Michelle Wüthrich
«Wir möchten den Menschen aus dem Dorf die Gelegenheit bieten, uns und sich gegenseitig besser kennenzulernen, einen schönen Tag zu verbringen und verschiedene Ansichten miteinander zu teilen», erklärt Joël Kaltenrieder herzlich. Der grosse Geräteschuppen direkt oberhalb des Betriebs wurde deshalb für den Tag umfunktioniert. Hier konnten sich die Gäste bei Burgern und Getränken stärken und sich am grosszügigen Dessertbuffet bedienen.
Für die Kleinsten gab es ein besonderes Highlight: Ein Bullriding-Stier sorgte für Unterhaltung. «Es war uns wichtig, dass auch die Kinder ihren Spass haben», sagte Joël Kaltenrieder lachend, während er den jungen Besuchern zuschaute. Auch von den Besuchern wurde das Fest geschätzt: «Von unten aus dem Dorf sieht man oftmals gar nicht genau, was hier oben auf dem Betrieb alles passiert, die Möglichkeit heute hier zu sein, schätze ich sehr», so die Stimme eines Dorfbewohners.
Mehr zum Betrieb der Familie Kaltenrieder gibt es im Video. Schaut rein
Michelle unterwegs: Alle Etappen zum Nachlesen
1. Etappe: Matschige Stiefel und Kinderlachen
2. Etappe: Von der Chrüterei, zum Bier bis zum Käse
3. Etappe: Übernahme Betrieb umstrukturiert
4. Etappe: Erlebnisweg bringt Landwirtschaft näher
5. Etappe: 800 ha Land und eine Pferdezucht
6.&7. Etappe: Von der Milch zu den Beeren
8. Etappe: Bauern auf dem «Glungge-Hof»
9. Etappe: Hofladen wird zum Dorfladen
10. Etappe: «Wir wollen zeigen, dass es sich lohnt, selbst etwas anzubauen»
11. Etappe: Im Team Betrieb weiterentwickelt
12. Etappe: Die mittelalterliche Altstadt-Etappe
Vier historische Altstädte durchqueren und dabei fünf Mal lustvoll die Sprachgrenze queren. Die verquickte vorletzte Etappe der Herzroute hat es in sich. Nicht weniger als vier historische Altstädte werden besucht, und nicht weniger als fünf Mal quert man die Sprachgrenze, die sich in diesem Gebiet besonders kunstvoll durch die Landschaft legt, glaubt man denn dem Bundesamt für Statistik, das solches zu eruieren pflegt.
Vom lauschigen Laupen folgt man der Sarine oder Saane, die sich bis zum Schiffenensee erstreckt, der verborgen wie ein norwegischer Fjord dicht neben der Herzroute versteckt liegt. Ein erstes mächtiges Schloss überrascht uns in der bernischen Exklave Münchenwiler, gefolgt von der grossartigen Hafenstadt Murten am gleichnamigen See. Nur wenige Kilometer und drei Sprachgrenzen weiter folgt Avenches mit der berühmten römischen Stadtanlage von Aventicum, die man mit dem Velo genüsslich durchradelt.
Danach folgt eine waldige Flusspassage entlang des quirligen Flüsschens Arbogne, ehe sich die Strecke langsam in die Höhe arbeitet, um schliesslich auf der Hochebene von Romont auf die Stadt zu treffen, die auch heute noch aussieht wie aus einem Ritterfilm.
Streckenbeschrieb: 63 km, 1160 Hm/sehr hügelig, Naturstrassen: 9,5 km
Nicht weniger als vier historische Altstädte werden besucht, und nicht weniger als fünf Mal quert man die Sprachgrenze
zvg