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«Viele übernehmen nicht nur Hof, Land und Maschinen»

Viele Landwirtinnen und Landwirte stehen unter immensem Druck – sei es wegen Finanzen, familiären Spannungen oder fehlender Perspektiven. Im Interview erklärt eine erfahrene Coachin, warum Veränderung oft so schwerfällt, und was dabei helfen kann, den eigenen Weg auf dem Hof wieder klar zu sehen.

ats |

 

«Schweizer Bauer»: Welche Themen bringen Landwirtinnen und Landwirte typischerweise in ein Coaching mit?

Barbara Eiselen: Der Grundtenor, den ich zu Beginn höre, ist oft etwas ähnlich: «Alles ist zu viel.» Mit anderen Worten, es herrscht Druck. Der Betrieb, die Familie oder die Finanzen – es gibt scheinbar keinen Ausweg. Das Umfeld ist objektiv gesehen tatsächlich auch schwieriger geworden. Wenn beispielsweise die Strompreise steigen, gleichzeitig die Direktzahlungen sinken, fehlen auf einmal Ende Jahr 15'000 Franken – und dies bedeutet einfach Druck. Die Themen werden dann aber im Coaching differenzierter. Es geht dann beispielsweise um Arbeitszeitmanagement, Lösung von Konflikten, Abgrenzungsthematiken, Mitarbeiterführung, hofstrategische Entscheidungen, Erbgeschichten, neue Ziele definieren und viele mehr.

Wie läuft ein typisches Coaching ab?

Der Prozess dauert meist sechs bis neun Monate. Die Gespräche finden auf dem Betrieb oder online statt, je nach Situation. Bei reinen Beziehungsthemen reicht online meist aus. Meine Arbeit ist massgeschneidert und individuell: Manchmal geht es um Verhandlungen, Zahlen oder Strategieplanung – manchmal um tieferliegende Themen. Ich begleite den Prozess, wie er daherkommt. Der Einstieg ist niederschwellig: Das Erstgespräch ist kostenlos und findet online statt – wie eine Probefahrt beim Autokauf. Dann schauen wir gemeinsam, ob ich das passende Angebot habe.

 

Wer grosse Entscheidungen zu treffen hat, hat einen Vorteil, wenn er diese klar und sicher trifft und dann gut umsetzt.

Barbara Eiselen

 

Wie hoch ist der zeitliche Aufwand, und wie lässt sich Coaching in den vollen Alltag von Landwirtinnen und Landwirten integrieren?

Das ist sehr gut machbar und oft überhaupt kein Problem. Die Gespräche lassen sich gut in den Alltag integrieren – oft auch tagsüber. Da ich in der Landwirtschaft arbeite, bin auch ich wetterabhängig. Manchmal müssen Termine kurzfristig verschoben werden.

 

 

Ein Coaching ist mit Kosten verbunden. Warum lohnt sich diese Investition?

Coaching ist eine Investition in den Menschen. Das ist man sich nicht so sehr gewohnt. Wer aber grosse Entscheidungen zu treffen hat, hat einen Vorteil, wenn er diese klar und sicher trifft und dann gut umsetzt. Das ausgegebene Geld ist schnell «drin», wenn dadurch eine Entscheidung richtig getroffen wird. Man spart dann schnell einmal Tausende von Franken. Der Preis ermöglicht es mir, hohe Qualität in der Begleitung zu bieten.

 

Wichtig ist, dass wir in der Bildung – junge Menschen noch besser für diese Themen sensibilisieren.

Barbara Eiselen

 

Was wünschen Sie sich von Politik, Branchenorganisationen oder Bildungseinrichtungen, um Coaching als Instrument stärker zu verankern?

Ich wünsche mir keine Subventionen – Coaching muss freiwillig sein. Viel wichtiger ist, dass wir in der Bildung – etwa an Berufsschulen oder an der HAFL – junge Menschen noch besser für diese Themen sensibilisieren. Viele von ihnen werden einmal nicht nur Hof, Land und Maschinen übernehmen, sondern auch ein «Familienerbe» und unsichtbare Lasten. Sie werden vielleicht einmal heiraten und eine Schwiegertochter oder einen Schwiegersohn auf den Hof bringen. In all diesen Thematiken bergen sich in der Regel die grösseren Herausforderungen als in der Bewirtschaftung des Betriebes – beeinflussen diese dann aber massgeblich.

 

«In Landwirtschaft erwartet man, dass man alles alleine kann»

Den erste Teil des Interview findet Ihr hier -> Hier klicken

Haben Sie drei Tipps für Landwirtinnen und Landwirte, um auf dem Betrieb und persönlich weiterzukommen?

  • 1. Deine Arbeit ist wertvoll für unsere Gesellschaft.
  • 2. Du bist nicht allein. Es geht vielen ähnlich wie dir. Schäme dich nicht, Hilfe anzunehmen – es ist keine Schwäche, sondern ein Schritt nach vorne.
  • 3. Es gibt für jeden eine Lösung. Auch für dich! Wichtig ist, dass du bereit bist, sie zu suchen. Manchmal beginnt Veränderung schon mit einem offenen Gespräch mit dem Nachbarn.

 

Beenden Sie die Sätze…

Coaching kann… eine Hilfe sein, um weiterzukommen und wirklich etwas Gutes zu verändern. Es bringt Klarheit, Mut und neue Perspektiven.

Landwirtschaft ist… eine sehr wertvolle Grundlage unserer Gesellschaft. Der tägliche Einsatz der Bäuerinnen und Bauern berührt mich persönlich sehr, denn die Landwirtschaft liegt mir einfach am Herzen. Ich bin seit meiner Geburt eng mit der Landwirtschaft verbunden.

 

Kolumne mit Barbara Eiselen 

 

Barbara Eiselen ist Agronomin und war viele Jahre in der landwirtschaftlichen Lehre und Forschung in den Bereichen Betriebswirtschaft, Agrarpolitik und -märkte tätig. Sie schreibt einmal im Monat für den «Schweizer Bauer» und greift in ihrer Kolumne Themen auf, die unsere Leser beschäftigen.

In ihrer beruflichen Laufbahn erkannte sie, dass es sich bei Hofstrategien und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen meistens um tieferliegende Themen handelt.

Barbara Eiselen bildete sich fort in den Bereichen Coaching, Psychologie und Familiensysteme und ist heute selbstständige Beraterin. Sie hat die Vision, die Hemmschwelle für Tabu-Themen in der Landwirtschaft zu brechen, so dass man sich frühzeitig Hilfe für die wahren Probleme holen darf.

Sie nennt es «den Service für die Seele, die Psyche und die Ehe, genauso wie der Traktor auch seinen jährlichen Service bekommt». Eiselen ist Bauerntochter und Schwiegertochter einer Bauernfamilie.

Erschienene Artikel:

Burnout:  Bäuerinnen, Bauern, Burnout und ein unschuldiger Nachbar

Hofübergabe:  Wie man den Hof in Frieden loslassen kann

Psychische Belastung in der Landwirtschaft:  Der Schuh drückt und die Beziehung leidet

Mehr Freizeit:  Ja zu welchem Zweck eigentlich?

Neuausrichtung des Hofes u. Investitionen:  «Investiert nicht nur in Stall, sondern auch in eure Vision»       

Rollenaufteilung Mann/Frau:  Die unsichtbare Knopf-Arbeit

Schwiegertochter und Schwiegereltern:  Die Schwiegertochter ist das Problem

Betrieb als einzige Lebenshoffnung:  Ist Arbeit wirklich der Lebenssinn?

Aufräumen und Ordnung:  «Aufräum-Aktion ist lebensverändernd»

Investieren:  Wo auf dem Hof investieren?

Rahmenbedingungen:  Wie kann der Landwirt auch in Zukunft motiviert bleiben?

Fokus setzten:  «Betrieb nicht umkrempeln, sondern Fokus setzen»

SoLaWi:  Warum Solidarlandwirtschaft keine Zukunft hat

Loslassen:  «Es ist ein wenig wie Sterben»

 

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