Der Schlittenbauer Hans Burgener weiss aus Erfahrung, was ein guter Hornschlitten ist: Schon als Bub half er, Holz zu schlittnen. Die in alter Grindelwalder Tradition gebauten Hornschlitten sind heute noch gefragt.
In jüngeren Jahren hat der Schreiner und Landwirt Hans Burgener im Winter nach und nach alle Gebäude seines Betriebs saniert und erneuert. In der Werkstatt, die damals in einem alten Schüürli entstand, stehen und liegen heute überall Schlitten, Holzwerkzeug sowie Holz und Maschinen, die es für den Schlittenbau braucht.
Neben der Werkbank sind zwei elegant geschwungene Eschenholzstücke aufgebockt. «Die Dampfbogen-Rohlinge kaufe ich in der Fabrik», sagt Hans Burgener. Die Beine, Joche und Stäbe für den Hornschlitten macht der Schlittenbauer selber. Das Holz dafür kommt meist aus der Nähe. «Viele Leute wissen, dass ich schönes Eschen- oder anderes Hartholz brauche und sagen mir, wenn sie einen geeigneten Baum fällen.»
Sibylle Hunziker
Alles verzapft
Die sechs Beine hat Hans Burgener in der Stube auf dem Radiator getrocknet; denn nach der Verzapfung darf das Holz nicht weiter schrumpfen. Nun gibt er den kurzen Holzstücken den letzten Schliff und schlägt sie mit dem Fäustel in die Zapfenlöcher der Kufen. Wenn die Zapfen satt sitzen, werden sie mit Holzdübeln fixiert. Oben enden die Beine mit einem «doppelten Zapfen»: Der untere, dickere Teil des Zapfens ist für die Joche bestimmt, der obere, dünnere für die Ortstäbe. Die drei Joche sind die Querverbindung des Schlittens und bilden zusammen mit den beiden seitlichen Ortstäben und den feineren Stäben, die zum Schluss eingezogen werden, die Sitz- und Ladefläche. «In der Mitte muss der Abstand der Stäbe grösser sein, damit man den Kopf durchstecken und den Schlitten auf den Schultern tragen kann», erklärt Hans Burgener. Weil alles verzapft und nichts geleimt ist, lässt sich jedes einzelne Teil ersetzen. Das ist praktisch, denn Hornschlitten führen oft ein recht wildes Leben.
Sibylle Hunziker
Nach wie vor beliebt
Früher musste im Berggebiet fast alles getragen werden. Da war es eine Erleichterung, wenn man Lasten mit dem Hornschlitten transportieren konnte. Hans Burgener erinnert sich, wie er seinem Vater schon als zehnjähriger Bub half, Holz zu schlittnen. «Mein Schlitten war etwas kleiner, damit ich ihn besser tragen konnte.» Auch die Lische, die im Herbst im Alpgebiet gemäht und zu Tristen geschichtet worden war, wurde mit dem Schlitten zu den Winterställen gebracht. Und im Frühling und Sommer brauchte man Hornschlitten ohne Eisenbeschläge, um den Mist auszutun und das Heu von steilen Borden zu holen.
Nebst rund hundert kleinen Grindelwalder Schlitten baute Hans Burgener auch im letzten Jahr sechs Hornschlitten – die grossen, leichten Schlitten sind auch heute noch gefragt. Zum Teil werden sie von Leuten gebraucht, die noch ein Stück Wald oder ein Weidli auf traditionelle Weise bewirtschaften oder die ein Ferienhäuschen ohne Strassenanschluss haben. Andere kommen bei Hornschlittenrennen zum Einsatz. Etliche Jahre hat der Schlittenbauer auf Wunsch der Veranstalter auch die Kontrollen am Grindelwalder Hornschlittenrennen vorgenommen. Denn die Veranstalter solcher Rennen in der Schweiz haben vereinbart, nur Schlitten in traditioneller Bauweise zuzulassen.
Sibylle Hunziker
Grindelwalder Tradition
Wenn er selber Schlitten baut, hält sich Hans Burgener an die Grindelwalder Tradition – ohne Konzessionen an den Sport. Denn der Hornschlitten gehört für ihn zur Alp- und Berglandwirtschaft. Als Landwirt ist er zwar pensioniert und hat den Betrieb bei Itramen seinem Sohn übergeben. «Wir melken aber in fünf Ställen.» Da helfe er weiterhin, und im Sommer gehen er und seine Frau Karoline mit sechzehn Kühen auf die Itramenalp – in vier Etappen hoch und in vier zurück. «Das ist kein Job, das ist unser Leben als Gebirgsnomaden.»
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